Die Telekom-Spitzelaffäre hat sich längst zu einem Skandal entwickelt. Journalisten wurden bespitzelt, vermutlich sogar beschattet und heimlich gefilmt.

Die Telekom-Spitzelaffäre hat sich längst zu einem Skandal entwickelt. Journalisten wurden bespitzelt, vermutlich sogar beschattet und heimlich gefilmt. Der Konzern ließ eigene Aufsichtsräte überwachen und notierte akribisch, mit wem die Arbeitnehmervertreter in dem Gremium telefonierten. Misstrauen war die Triebfeder dieses Handelns, doch sie rechtfertigt solche Rechtsverstöße selbstverständlich nicht. Telekom-Manager haben sich, wie man mittlerweile annehmen muss, kriminell verhalten, strafrechtliche Konsequenzen sind die logische Folge. Allerdings wird es wohl noch Monate dauern, bis das ganze Ausmaß dieses Spitzelskandals an die Öffentlichkeit kommt. Und ohne die Recherchen akribischer Journalisten dürfte der "Fall Telekom" wohl nie mit seinen vielen schmutzigen Facetten publik werden. Denn der verdächtige Konzern setzt offensichtlich auf die berühmte Salami-Taktik: Wahrheiten gibt es in Scheibchen - und nur dann, wenn sich ihre Veröffentlichung nicht mehr verhindern lässt.

Anders ist nicht zu erklären, dass Telekom-Chef Rene Obermann die Bespitzelung eines Redakteurs des Magazins "Capital" erst Monate, nachdem er davon erfahren hatte, an die betroffene Redaktion meldete. Und zwar nur, weil Journalisten diesen Fall publik machten. Aktive Wahrheitsfindung, die sich Obermann derzeit groß auf die eigenen Fahnen schreibt, sieht anders aus.

Der Imageschaden für die Telekom ist auf Jahre kaum reparabel. Und auch auf die Geschäfte des Branchenprimus könnte dieser Fall einen äußerst negativen Einfluss haben. Denn wer telefoniert schon gerne mit einem Unternehmen, das Anrufer und Angerufene bespitzelt hat?

Obermann muss jetzt mit aller Macht für Wahrheiten und Klarheiten sorgen. Jedes Detail, das die Öffentlichkeit zuerst aus den Medien und nicht von der Telekom selbst erfährt, macht ihn als Telekom-Chef angreifbar. Es darf für den smarten Top-Manager keine Rücksichten mehr geben - auch nicht auf alte Seilschaften und Konzernfreunde. Sonst könnte es eng werden für Obermann.


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