Menschen, die ihr nahestehen, wollen ihr Arbeit geben. Doch Zusammengehörigkeitsgefühl sei ihr fremd, sagen die Richter.

KARLSRUHE/HAMBURG. Obwohl sie 24 Jahre im Gefängnis saß, verspürt die frühere Terroristin Brigitte Margret Ida Mohnhaupt das Bedürfnis nach Alleinsein. Gewalt ist für sie kein Thema mehr. "Sie verspüre nicht einmal das Bedürfnis nach dem Zusammengehörigkeitsgefühl", heißt es im Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart.

Öffentlich hat sich Mohnhaupt nie von ihren Taten distanziert. Das Gericht aber liest aus ihren Worten deutliche Anzeichen für Reue. Mohnhaupt habe in den Anhörungen gesagt, dass ihre Taten für die Angehörigen der Opfer eine schwere traumatische Erfahrung gewesen seien und immer bleiben würden. Sie werde dafür "die Verantwortung tragen müssen, ein Leben lang, die Zeit ändere daran nichts".

Vor 30 Jahren galt sie als die gefährlichste Frau Deutschlands. Auf dem Fahndungsplakat hatte die Frau mit den langen blonden Haaren einen etwas spöttischen Blick. 1949 wurde sie als einziges Kind bürgerlicher Eltern in Rheinberg geboren, machte in Bruchsal Abitur. Zum Studium ging sie an die Philosophische Fakultät der Uni München. Journalistin wollte sie werden. Den Beruf hatte auch einmal Ulrike Meinhof. Während ihrer Studienzeit heiratete Mohnhaupt den Studenten Rolf Heißler, der sich später wie sie der RAF anschloss. Die Ehe mit dem Anhänger der linken Stadtguerilla "Tupamaro" hielt zwei Jahre.

1971 kam Mohnhaupt zur Baader-Meinhof-Gruppe, der Keimzelle der RAF. Sie beschaffte Waffen für Überfälle. 1972 wurde sie in Berlin festgenommen und zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Von ihren Gesinnungsgenossen erhielt die damals 27-Jährige im Gefängnis von Stuttgart-Stammheim den Auftrag, die "Offensive 77" zu führen, mit der Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe freigepresst werden sollen. Baader traute ihr die Rolle einer Einpeitscherin zu, die die Untergrundkämpfer der RAF neu formieren soll.

An den Morden im "deutschen Herbst" war sie maßgeblich beteiligt. 1982 wurde sie festgenommen und verurteilt. Noch 1991 bekannte sie sich im Prozess gegen die alte Weggefährtin Susanne Albrecht zur RAF. Als der damalige Justizminister Klaus Kinkel eine Versöhnungsinitiative startete, lehnte sie es ab, sich mit ihm an einen Tisch zu setzen.

Mohnhaupt hat die Hälfte ihres Lebens im Gefängnis verbracht. "Sie ist nicht die Hardlinerin, als die sie manchmal hingestellt wird", sagte Anstaltsleiter Wolfgang Deuschl. Im vergangenen Jahr hatte sie ein Dutzend Mal begleiteten Ausgang, darunter war auch ein Ausflug nach Frankfurt am Main. Bereits Stunden vor der Bekanntgabe des Gerichts hatte sie von ihrer bevorstehenden Freilassung erfahren. Eine Mitarbeiterin der Justizvollzugsanstalt im schwäbischen Aichach überbrachte ihr am Montagmorgen gegen acht Uhr ein Fax in einem Briefumschlag.

Menschen, die ihr familiär nahestehen, haben ihr laut Gericht eine Arbeitsmöglichkeit zugesagt. Davon allein wird sie ihren Lebensunterhalt wohl nicht bestreiten können. Sie ist in ihrem Leben noch nie einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen.