Kommentar

Brigitte Mohnhaupt ist sicher nicht das, was man eine reuige Sünderin nennt. Die Frau, die im Jahr 1977 einen bis dahin unvorstellbaren Terror in Deutschland entfesselte, hat sich öffentlich nicht abgekehrt von den zerstörerischen Zielen der RAF, hat nie um Gnade gebeten, nie um Verzeihung. Es ist das, was den Beigeschmack so bitter macht und das Misstrauen so groß, wenn sie nun die Chance auf einen Neuanfang erhält.

Sie ist jetzt mit 57 Jahren in dem Lebensabschnitt, in dem ihre prominenten Opfer waren, als sie deren Tod plante und vielleicht auch ausführte. Deren Angehörige sind bis heute fassungslos zurückgeblieben. Deren Leid wird aber vermutlich nicht mit der Anzahl von Haftjahren für Brigitte Mohnhaupt zu lindern sein. Vielmehr muss es dar-um gehen, deren Andenken zu bewahren und gleichzeitig nach nun immerhin 30 Jahren eine einigermaßen nüchterne Auseinandersetzung mit diesen Terrorjahren zu beginnen.

Dazu trägt die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart bei. Sie hat nichts mit Reue seitens Mohnhaupts oder Gnade seitens des Staates zu tun, sondern ist nicht mehr als juristischer Vollzug. Wer an dem Gedanken der Resozialisierung festhält, muss auch einer einst unbeirrt Mordenden wie Mohnhaupt eine Rückkehr in die Gesellschaft gestatten - solange sie keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit ist. Und daran haben selbst die obersten Ankläger dieses Landes keinen Zweifel. In diesem Sinn konnte das Gericht der Freilassung von Mohnhaupt nur zustimmen. Es hat damit beeindruckend deutlich gemacht, dass das Rechtssystem eben nicht auf Rache sinnt, und gleichzeitig mit der Mär von "politischen Gefangenen" aufgeräumt.