BERLIN. Aufgrund des extremen Medieninteresses hat die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) gestern erste Teilergebnisse ihrer Befragungen zur Reformbereitschaft der Deutschen veröffentlicht. Nachdem am Wochenende erste Details bekannt geworden waren, war in Deutschland die Debatte über "neue Armut" und "neue Unterschicht" mit neuer Stärke entbrannt.

Die Verfasser der Studie trafen folgende Feststellungen: Die dominante gesellschaftliche Grundstimmung ist Verunsicherung. 63 Prozent der Befragten machen die gesellschaftlichen Veränderungen Angst, 46 Prozent empfinden ihr Leben als "ständigen Kampf", 44 Prozent fühlen sich "vom Staat allein gelassen". Die Verschlechterung der finanziellen Situation schafft Zukunftssorgen, die Wahrnehmung von Ungleichheiten verstärkt sich (61 Prozent meinen, es gebe keine gesellschaftliche Mitte mehr, nur noch ein Oben und Unten), die politische Entfremdung nimmt zu. 14 Prozent sehen sich "in jeder Hinsicht als Verlierer der gesellschaftlichen Entwicklung und gesellschaftlich ins Abseits abgeschoben".

Darüber hinaus unterteilten die Verfasser der Studie die Befragten in neun politische Typen, darunter auch das viel diskutierte "abgehängte Prekariat", das politisch, wirtschaftlich und sozial isoliert ist. Bundesweit macht diese Gruppe acht Prozent aus: vier Prozent in den alten, erschreckende 25 Prozent in den neuen Bundesländern. Neben dem Prekariat zeigen jedoch auch die "bedrohte Arbeitnehmermitte" und die "autoritätsorientierten Geringqualifizierten" starke Verunsicherung - mit der Angst, den Lebensstandard nicht halten zu können, und dem Gefühl, vom Staat allein gelassen zu werden. Wenn man die Ergebnisse dieser drei Gruppen zusammenfasst, empfinden in den neuen Bundesländern nahezu 50 Prozent der Wähler extreme Verunsicherung.