Kommentar: Der Trend zum Nichtwählen

Es gibt eine große Gruppe von Menschen in diesem Land, die sich nicht über das Erstarken der NPD aufregen sollte. Die Nichtwähler. Es gilt offenbar langsam als schick, den Wahlurnen fernzubleiben. Auch in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin hielt der Trend an: "Stellt euch vor, es ist Wahl, und keiner geht hin." Erschreckender Tiefpunkt war die Kommunalwahl in Niedersachsen vor gut einer Woche.

Es ist ja auch so einfach, eine Begründung für die Abstinenz zu finden. SPD und Union unterscheiden sich kaum noch konzeptionell, programmatisches Umsteuern in der Politik ist aufgrund dichter Lobby-Verstrickungen und fiskalischer Bindungen kaum machbar. Der gemeinsame Nenner, auf den sich Koalitionäre nach langem Gerede endlich einigen, ist nicht selten zu klein, um tragfähig zu sein.

Doch bei aller sachlich gerechtfertigten Kritik am politischen System unseres Landes - steckt hinter der Weigerung, wählen zu gehen, nicht auch eine gehörige Portion Mangel an Engagement, ja Faulheit? Vereine und Verbände klagen seit Jahren darüber, dass Nachwuchs in den Vorständen fehlt. Den Parteien geht es kaum anders. Demokratie ist auch Arbeit, Auseinandersetzung, Engagement.

Das weiß niemand besser als diejenigen, die sich in der Kommunalpolitik tummeln, an der Basis arbeiten. Das wissen auch die vielen kleinen Initiativen, ohne die Politik in diesem Land nicht denkbar wäre. Und die nicht selten gegen rechtsradikale Gruppierungen und Tendenzen kämpfen. Sie brauchen Unterstützung, finanziell und ideell. "Wir sind das Volk" - wohl wahr. Doch wir sind auch der Staat und entscheiden damit letztendlich selbst, wer ihn politisch kaputt macht.