Hamburg/Bielefeld. Die Wahlergebnisse in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin bestätigen nach Ansicht des Meinungsforschers Klaus-Peter Schöppner den Trend, dass die großen Parteien dieses Attribut nicht mehr verdienen. "Die großen Parteien haben kein Programm mehr und stehen nicht mehr für die Wende zum Besseren", sagte der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstitutes Emnid gestern dem Abendblatt.

Der massive Vertrauens- und Kompetenzverlust habe jetzt auch die Volksparteien erreicht. "Der Glaube an die politische Gestaltungskraft der Parteien hat schwer gelitten."

Die großen Parteien zeichneten sich eher durch wahltaktisches Verhalten aus, so Schöppner. "Das war am Wahlabend deutlich, als man sah, wer sich alles zum Sieger ausgerufen hat. Der Regierende Bürgermeister in Berlin hat wohl nicht bedacht, dass nur 17 Prozent der Wahlberechtigten in seiner Stadt für ihn gestimmt haben."

Er habe Schuldeingeständnisse oder den sachlichen Aufbruch sowohl bei der SPD als auch bei der CDU vermisst, sagte der Meinungsforscher. "Aber eine egozentrische Haltung, nur auf die eigene Partei bezogen, kommt bei den Wählern nicht an und vergrößert die Distanz."

In Zeiten Großer Koalitionen fühlten sich die Menschen bei kleinen Parteien besser aufgehoben, so Schöppner. Weiterhin würden aus Protest die Parteien gewählt, die am meisten Lärm machten. "Und schließlich hat die PDS die Quittung dafür bekommen, dass sie in der Regierung beider Bundesländer dicke Kröten schlucken musste. Sie ist in den Ländern mitverantwortlich für finanzielle Einschnitte. Ihre Wählerschaft erwartet aber eher staatliche Transferleistungen."

Bemerkenswert sei die Wechselstimmung, die die beiden rot-roten Landesregierungen von ihren Wählern signalisiert bekommen haben. "In Mecklenburg-Vorpommern muss sich die SPD überlegen, ob sie sich die Neuauflage der Koalition leisten kann. Das Ergebnis für die CDU ist eine deutliche Aufforderung an die SPD, die mögliche Wirtschaftskompetenz der Union in einer Regierung zu testen und eine Große Koalition einzugehen."

In Berlin, so Schöppner, weise der Wählerwille auf ein rot-grünes Bündnis hin. "Mit Wahlverlierern können die Sozialdemokraten in diesem Sinne nicht mehr recht reüssieren."