Der Besuch beim Friseur kann einem manchmal den ganzen Tag vermiesen. Wenn man aber Avi und Shimon trifft, geht man als andere Person.

Shimon massiert meinen Kopf. Shimon, ist Azubi und lernt gerade, wie man ein richtig guter Friseur wird. Bislang darf er aber nur Haarewaschen. Er hatte hinten im Angestelltenraum gerade Kaffee getrunken, als ihn die Chefin raus rief und mich an ihn übergab. Er ist nämlich der einzige, der in dem Laden Englisch spricht. Meine Haare sind shamponiert und er spült sie aus. Nach einem zweiten Massagegang und einer Ladung Conditioner will ich schon aufstehen, aber ich bin noch nicht fertig. Was soll jetzt noch kommen? Gut, ich warte. Wieder streicht er eine Paste in mein Haar und er massiert ein drittes Mal. So einfühlsam, dass ich einen Moment lang irritiert bin. Ist er vielleicht hetero? Das Klischee kommt nicht von mir. Niv, meine 17-jährige Mitbewohner hat behauptet, in Israel sind 99 Prozent der Friseure homosexuell. Dann bedeckt er mein Haar mit einem heißen Handtuch. Ach, das ist angenehm. Und dann, ein kleiner Schock. Kaltes Wasser. Dann heißes Wasser. Wechselbäder fürs Haar. Soll dadurch die Durchblutung der Haare angeregt werden? Und er massiert wieder. Nach vier Massagen, Shampoo, Spülung, Kurpackung und Wechselbad bin ich fertig und fühle mich ganz weich im Kopf. Ich setze mich auf den Frisierstuhl und Avi kommt.

Avi ist so etwas wie der Star hier, leider spricht er nur Hebräisch, Shimon übersetzt. In der Hoffnung, dass Avi das richtige macht, lasse ich es geschehen. Avi schneidet und schneidet. Es sind schon zehn Zentimeter ab, als ich sage: "It is a bit short, now." Worauf Avi antwortet: "Ich mache dir die beste, coolste, szenigste Frisur, die es zur Zeit gibt." Ok. Wer will das nicht, denke ich. Nachdem Shimon mich gefragt hat, mit wem ich so ausgehe und wo in Tel Aviv, fragt er mich noch wie alt ich bin, ich sage: "thirty-four", er nickt, ein bisschen abgeschreckt und wiederholt: "twenty-four". Ich nicke. Ich sehe in seinem Gesicht, dass selbst 24 zu alt für ihn ist. Egal, Shimon made my day. So weit der beste Haarwäscher der Welt. Und ich sehe jetzt ein bisschen aus wie die Schwulen-Ikone Victoria Beckham. Nur auf dem Kopf und auch nur für einen Tag. Doch wo bleibt David?