Izaak Rabin, Israels Premier-Minister, ist am 4. November 1995 auf einer Friedensveranstaltung von einem Gegner seiner Politik erschossen worden. In diesen Tagen gedachten 100 000 Menschen auf verschiedenen Veranstaltung ihm und seinem politischen Erbe. Am Sonnabend war der offizielle Rabin-Memorial-Abend. Es war der 13. Jahrestag seiner Ermordung, nach hebräischem Kalender.

Der Platz in der Mitte von Tel Aviv, auf dem Rabin kurz vor seiner Ermordung vor 13 Jahren noch zu hunderttausend Menschen gesprochen hat, ist zum Bersten voll. Eine große Bühne ist aufgestellt, wieder haben sich hier an die Hunderttausend versammelt. Nur einer fehlt, Izaak Rabin. Auch wenn er von einer großen Leinwand über die Menge zu blicken scheint. Es ist nur ein Bild. Es ist auffällig, wie viele junge Menschen hier sind. Manche sehen aus wie Pfadfinder, in blauen Hemden mit roten Halstüchern, andere mit weißen Hemden und gelben Halstüchern. Sie sind Mitglieder von Jugendbewegungen, wie mir ein Israeli erklärt. Er benutzt tatsächlich das deutsche Wort "Jugendbewegung" und ich frage mich, ob es in Deutschland eigentlich noch so etwas gibt. Pfadfinder, ja, Kolping-Gruppe, ja, oder evangelische Jugendgruppen, aber eine Bewegung?

Es treten Israels bekannte Politiker auf Shimon Peres, Ehud Barak und Tzipi Livni. Sie versprechen für Rabins Ideale einzutreten, auch wenn sie wie Tzipi Livni, ihn damals nicht gewählt haben. Zwischen denen auf der Bühne und den Menschen auf dem Platz scheint Einigkeit zu herrschen, im Gedenken an Rabin und in der gemeinsamen Hoffnung auf Frieden. Nie sei Israel dem Frieden so nah gewesen, wie zu Rabins Zeit, erklärt mir Ido, von der sozial-liberalen Partei Meretz. Auch er war damals bei seiner Ermordung dabei, wie viele, die hier heute wieder stehen. Die Teenager kennen die Geschichte nur aus der Erzählung und den Medien. "Rabin ist für uns wie Kennedy", sagt Ido, um die Größe zu erklären. Isrealische Popstars singen auf der Bühne Lieder vom Frieden, das Shir LaShalom, das letzte Lied, dass Rabin gesungen hat, dann die Nationalhymne. Alle singen mit, so wie das in Deutschland nur bei Spielen der Fußball-Nationalmannschaft der Fall ist. Der Fernsehen überträgt den Abend. Am Ende wird noch "Imagine" von John Lennon gespielt. Ich kenne das und kann jetzt auch mal ein paar Verse mitsingen. "Imagine all the people, living in world of piece..." Ich gehe nach Hause, passiere die Polizisten und Soldaten mit Maschinengewehren, die den Platz abgesperrt und kontrolliert haben, und summe diese Melodie.