Vor Hunderttausenden Gläubigen hat der Papst in Havanna größere Freiheit für die katholische Kirche auf Kuba gefordert und traf Fidel Castro.

Havanna. In einer ungewöhnlich politischen Predigt vor hunderttausenden Gläubigen in Havanna hat Papst Benedikt XVI. mehr Freiheit für die katholische Kirche auf Kuba gefordert. „Kuba und die Welt brauchen Wandel“, sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Mittwoch vor der versammelten Menge auf dem zentralen Platz der Revolution in der kubanischen Hauptstadt. Der Wandel werde aber nur passieren, „wenn jeder in der Lage ist, die Wahrheit zu suchen und den Weg der Liebe wählt“.

„Die Menschen finden Frieden, wenn sie nach der Wahrheit suchen, die das Christentum uns anbietet“, sagte Benedikt während der Messe. „Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die diese Suche nach der Wahrheit falsch interpretieren, was sie zu Irrationalität und Fanatismus führt. Sie verschließen sich in ’ihrer Wahrheit’ und versuchen, sie anderen aufzuzwingen“, sagte er. Zwar nannte der Papst die kubanische Regierung nicht beim Namen, seine Äußerungen waren aber als unverwechselbare Kritik der kubanischen Realität zu verstehen, wie ein ehemaliger Schüler Benedikts, der Geistliche Joseph Fessio, sagte.

Während der Messe war der Platz der Revolution von einem großen Poster mit einem Bildnis der Jungfrau der Barmherzigkeit von Cobre geschmückt, die den spirituellen Fokus des dreitägigen Papstbesuches bildete. 400 Jahre nach ihrer ersten Erscheinung hatte Benedikt der Statue am Dienstag einen Besuch abgestattet und sie gesegnet.

Der Papst kam am Mittwoch auch zu einem halbstündigen Treffen mit Fidel Castro zusammen. Bei der Zusammenkunft in der Botschaft des Vatikans habe der von Jesuiten ausgebildete Revolutionsführer den Papst dazu befragt, welche Veränderungen es in der Kirchenlehre seit seiner Kindheit gegeben habe, wie es sei, Papst zu sein und über die Herausforderungen, vor denen die Menschheit stehe, teilte Vatikansprecher Federico Lombardi mit. Benedikt habe die Rolle der Freiheit angesprochen, sagte er.

Castro stellte dem Papst seinen zweite Frau Dalia Soto del Valle und zwei Kinder vor und bat den Papst, ihm einige Bücher zu den diskutierten Themen zu schicken. Das Treffen begannen die beiden Männer mit Scherzen über ihr Alter. Castro ist 85 Jahre alt und Benedikt erreicht diese Marke im kommenden Monat. „Ja, ich bin alt, aber ich kann meine Aufgabe noch immer erledigen“, habe der Papst gesagt, erklärte Lombardi. Er bezeichnete die Gesprächsatmosphäre als gelassen, intensiv und freundlich.

Bereits seit dem Morgen waren Menschen auf den zentralen Platz in Havanna geströmt, um die Messe des Papstes mitzuerleben. „Der Besuch des Papstes ist etwas Großes für Kuba“, sagte einer der Besucher. „Ich bin hierhergekommen, um seine Worte zu hören, die weise Worte sind für das kubanische Volk. Das hilft uns und gibt uns Frieden.“ Andere Besucher waren aus weniger religiösen Motiven gekommen. „Ich bin hier, um unsere Anführer und unsere Regierung zu unterstützen“, sagte einer. „Ich will unsere Revolution unterstützen.“

Bereits vor der Reise des Papstes, die ihn auch nach Mexiko führte, war im Vatikan die Hoffnung geäußert worden, den katholischen Glauben auf Kuba wiederbeleben zu können. Mit Johannes Paul II. hatte zuletzt vor 14 Jahren ein Papst die Insel besucht. Damals war auf dem Platz der Revolution ein Bildnis Jesu Christi aufgestellt worden. Vor 1992 hatte sich Kuba immer wieder offiziell zum Atheismus bekannt.

Papst Benedikt XVI. sollte noch am Mittwoch (Ortszeit) die Reise zurück nach Rom antreten, wo er am Donnerstagmorgen erwartet wird.