Aktivisten berichten von Luftangriffen auf Damaszener Vororte. UNHCR meldet Anstieg von syrischen Flüchtlingen in Jordanien.

Beirut. Syrische Regierungstruppen haben sich am Donnerstag mit Rebellen erbitterte Kämpfe um den Militärflughafen Taftanas geliefert. Der in der nordwestlichen Provinz Idlib gelegene Luftwaffenstützpunkt gilt als eine der letzten strategischen Bastionen von Präsident Baschar al-Assad. Entsprechend heftig seien die Gefechte um den Flughafen ausgefallen, berichteten Aktivisten und Staatsmedien. Unterdessen wurden Zusammenstöße und Bombardements aus einigen Vororten der Hauptstadt Damaskus gemeldet. Die Vereinten Nationen gaben die Zahl der Todesopfer seit Beginn des Aufstands derweil mit mindestens 60.000 an.

Im Kampf um den Militärflughafen Taftanas hätten die Aufständischen am Morgen zunächst Teile des Areals gestürmt, sich dann aber wieder zurückgezogen, berichtete die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die staatliche Nachrichtenagentur SANA meldete, die Streitkräfte hätten „den Angriff der Terroristen“ zurückgeschlagen und ihnen schwere Verluste zugefügt.

Fünf Luftwaffenbasen im Visier der Rebellen

Die Rebellen hatten in den vergangenen Monaten schon mehrfach versucht, den Militärflughafen einzunehmen, von dem aus das Regime Bombenangriffe fliegen lässt. Insgesamt haben die Aufständischen in Idlib und der nahegelegenen Provinz Aleppo fünf Luftwaffenbasen ins Visier genommen. Mit der Strategie wollen die Rebellen die Luftmacht des Regimes brechen, das im Bürgerkrieg verstärkt auf Kampfjets und Helikopter zurückgreift.

Erst am Mittwoch waren bei einem schweren Luftangriff auf eine Tankstelle nahe der Hauptstadt Damaskus Aktivisten zufolge Dutzende Menschen getötet oder verletzt worden. In den Beschreibungen war von einem regelrechten Inferno die Rede. Auf einem authentisch wirkenden Amateurvideo waren ein rund ein Meter tiefer Krater und mindestens zehn Leichen zu sehen. Mehrere Autos standen in Flammen und schwarze Rauchsäulen stiegen zum Himmel auf. Das Video deckte sich mit weiteren Berichten über den Vorfall. Warum die syrische Luftwaffe die Tankstelle angriff, war zunächst unklar.

Am Donnerstag gingen die Angriffe unvermindert weiter. Laut den örtlichen Koordinationskomitees und der Beobachtungsstelle für Menschenrechte kam es in etlichen anderen Damaszener Vororten zu Gefechten und Bombardements. Bei einem der Luftangriffe sei auch ein Gebäude in der Ortschaft Duma getroffen worden. Amateurvideos zeigten, wie Verwundete aus dem schwer beschädigten Haus getragen und weggefahren wurden. Den Angaben zufolge wurden in Duma und anderen Vororten von Damaskus acht Menschen getötet.

Die Streitkräfte hätten zudem Stellungen in der bei Damaskus gelegenen Rebellenhochburg Daraja zerstört und den Aufständischen dabei schwere Verluste zugefügt, meldete die regierungsnahe Zeitung „Al-Watan.“ Derzeit hielten sich Tausende Kämpfer der islamistischen Gruppe Dschabhat al Nusra in Vorbereitung einer Offensive auf Damaskus in dem Ort versteckt. Die Extremistengruppe gilt als militärisch besonders schlagkräftig und war in den vergangenen Monaten immer häufiger an erfolgreichen Einsätzen der Aufständischen beteiligt.

Zahl der Kriegsopfer auf 60.000 gestiegen

Inzwischen beziffern die Vereinten Nationen die Zahl der Todesopfer seit Beginn des Aufstands gegen Assad vor knapp zwei Jahren auf mindestens 60.000. Eigene Experten hätten dafür Listen aus sieben verschiedenen Quellen ausgewertet, darunter auch Regierungsangaben, hieß es aus New York. Angesichts des hohen Blutzolls kritisierte die UN-Menschenrechtsbeauftragte Navi Pillay das internationale Krisenmanagement: „Das Versagen der internationalen Gemeinschaft – vor allem des Weltsicherheitsrats - etwas zu tun, um das Blutvergießen zu beenden, beschämt uns alle“, sagte sie. „Wir alle haben herumgedoktert, während Syrien brennt.“

Unterdessen fliehen immer mehr Syrer vor der anhaltenden Gewalt in ihrer Heimat nach Jordanien, wie das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) mitteilte. In den vergangenen drei Tagen hätten 1.200 bis 1.300 Menschen die Grenze ins Nachbarland überquert. Durch den Bürgerkrieg sind mehr als 500.000 Syrer vertrieben worden. Die meisten haben in Jordanien, dem Libanon und der Türkei Zuflucht gefunden.