Die Menschen in Goma haben sich in ihren Häusern verschanzt. Zwei Tage lang sind bewaffnete Kämpfer durch die Stadt im Osten des Kongos marodiert,

Hamburg/Goma. Die Menschen in Goma haben sich in ihren Häusern verschanzt. Zwei Tage lang sind bewaffnete Kämpfer durch die Stadt im Osten des Kongos marodiert, haben Frauen vergewaltigt und 400 Häuser geplündert, darunter sogar ein Krankenhaus. "Mindestens 14, möglicherweise bis zu 40 Menschen sind dabei getötet worden", sagte der Programm-Manager der Deutschen Welthungerhilfe, Georg Doerken, dem Abendblatt. "Inzwischen hat sich die Lage aber leicht beruhigt."

Doch so schlimm wie im Moment stand es lange nicht mehr um die Einwohner von Goma, der Stadt an der Grenze zu Ruanda, die nach dem Völkermord in Ruanda und während des jahrelangen Krieges im Kongo so viel Füchtlingselend erlebt haben. Uno-Beamte sprechen von einem "humanitären Desaster". Jetzt sind wieder 250 000 Menschen in der Region auf der Flucht, seit Rebellengeneral Laurent Nkunda vor einer Woche eine neue Offensive startete und nun kurz vor Goma steht. Nkunda begründet seine Offensive mit Attacken der Hutu-Milizen auf Angehörige der Tutsi-Minderheit. Der Rebellenführer wirft der kongolesischen Regierung vor, die Milizen der Hutu zu unterstützen. Die Regierung wiederum unterstellt dem Nachbarland Ruanda, Nkunda zu unterstützen. Damit verfolge die Regierung von Ruanda eine Strategie der Destabilisierung des Ostkongos, um freie Hand für die lukrative Ausbeutung der Bodenschätze zu haben. Die Außenminister Frankreichs und Großbritanniens, Bernhard Kouchner und David Miliband, sind am Wochenende in die Region gereist, um zu vermitteln. Sie drängten bei Gesprächen mit den Präsidenten Joseph Kabila (Kongo), Paul Kagame (Ruanda) und Jakaya Kikwete (Tansania) auf die Umsetzung des im Januar in Goma unterzeichneten Friedensabkommens für die Konfliktregion Nordkivu und die rasche Entwaffnung der Rebellenmilizen. Sie appellierten aber auch an die kongolesische Regierung, ihre Truppen unter Kontrolle zu halten. Die kongolesischen Soldaten sind Milizionäre und ehemalige Kindersoldaten - unbezahlt, schlecht ausgebildet und korrupt und damit auch nicht unbedingt ein Schutz für die Bevölkerung.

"Die Situation ist katastrophal. Anders kann man es nicht nennen", sagte ein Sprecher des Roten Kreuzes. Die Menschen verließen Goma nach Norden und Süden. "Wir können die Flüchtlinge nicht erreichen", sagte Doerken. "Die Straßen in der Region werden von versprengten kongolesischen Militärs unsicher gemacht. Hilfsorganisationen wie wir haben derzeit keinen Zugang." Die nach tagelangen Kämpfen von General Nkunda einseitig verhängte Feuerpause scheint nach Doerkens Worten zunächst zu halten. Die Mitglieder seiner Miliz wies Nkunda an, die Einrichtung eines humanitären Korridors zur Versorgung der Flüchtlinge zuzulassen. Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon sprach angesichts der Flüchtlingsströme von "katastrophalen Dimensionen". Er rief Nkunda auf, die Waffenruhe einzuhalten.

Die EU lehnt eine Entsendung von Truppen in den Kongo ab. Bei einer Sitzung des zuständigen Ausschusses vereinbarten Vertreter der 27 EU-Staaten, sich zunächst um eine diplomatische Lösung der Konflikte im Ostkongo zu bemühen. Forderungen Frankreichs nach einer EU-Friedenstruppe für den Kongo hatte die Bundesregierung zuvor abgelehnt. Kouchner und Miliband forderten am Wochenende aber eine Aufstockung der 17 000 Soldaten der Uno-Friedenstruppe im Kongo. Lösungen soll ein Friedensgipfel in dieser Woche in Nairobi (Kenia) bringen.