Regierung in Tiflis ruft die Welt um Hilfe. Merkel reist zum Krisengipfel mit Russlands Präsidenten.

Tiflis/Moskau. Die Feuerpause stand nur auf dem Papier. Der Vormarsch der russischen Truppen in Georgien geht trotz der Vermittlung der Europäischen Union auf breiter Front weiter. Dabei sind gestern auch führende EU-Vertreter unter dramatischen Umständen ins Kampfgeschehen geraten.

Zusammen mit dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili hatten der französische Außenminister Bernard Kouchner und sein finnischer Amtskollege Alexander Stubb am Vormittag die Stadt Gori besucht, die am Wochenende von den Russen bombardiert worden war. Plötzlich wurden die überraschten Außenminister und Saakaschwili von Bodyguards in gepanzerte Geländewagen gedrängt, die sofort davonrasten. Nach Informationen der Zeitung "Le Figaro" hatte ein "Hubschrauber unbekannter Herkunft" den Sicherheitskräften Sorgen bereitet. Offenbar kam die Warnung gerade noch rechtzeitig: Wenige Stunden nach der Flucht der Politiker meldete Georgien, Gori sei von den Russen besetzt worden.

Saakaschwili sagte, durch die Geländegewinne der Russen sei Georgien praktisch zweigeteilt. Moskaus Truppen rückten jetzt auf die Hauptstadt Tiflis vor. Dies wurde in Moskau dementiert.

Georgien rief am Abend den Uno-Sicherheitsrat zu Hilfe. Auf Drängen Russlands will die Nato heute in Brüssel eine Sondertagung des Nato-Russland-Rates abhalten.

Der Krieg im Kaukasus, der sich am Streit um die abtrünnige georgische Provinz Südossetien entzündet hatte, belastet das Verhältnis der Großmächte USA und Russland schwer. Washington, das Georgien unterstützt, drohte mit einer dauerhaften Verschlechterung der Beziehungen. Russland verteidigte seine Militärintervention als "Friedensmission". Es sei "zynisch", den "eigentlichen Aggressor" in Südossetien, Georgien, als Opfer vermeintlicher russischer Gewalt auszugeben, sagte Premier Wladimir Putin. Er verglich die Regierung in Tiflis mit Iraks Ex-Diktator Saddam Hussein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangte von beiden Parteien die bedingungslose Einstellung der Kämpfe. Merkel reist am Freitag - wie schon länger geplant - zu einem Treffen mit Russlands Präsidenten Dmitri Medwedew in den Schwarzmeerort Sotschi, der unweit der Konfliktgebiete Georgiens liegt. Merkel plädierte für eine Beteiligung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) .