Mindestens so sehr wie den Oppositionsführer Viktor Juschtschenko müssen die Machthaber in Kiew die Gegnerschaft von Julia Timoschenko (Foto) fürchten. Die zierliche Frau gilt als weitaus entschlossener und radikaler als Juschtschenko - und stieg in den vergangenen Tagen mit kämpferischen Auftritten zur Symbolfigur der Massenproteste in Kiew auf. Dabei hat die 44 Jahre alte Parlamentarierin und frühere Gaskonzernmanagerin mit dem scheidenden Präsidenten Leonid Kutschma noch eine Rechnung zu begleichen: Nachdem sie sich vor drei Jahren mit dem Staatschef überwarf, haben sie und ihre Angehörigen keine Ruhe mehr vor der Justiz.

Die gelernte Wirtschaftswissenschaftlerin aus der ostukrainischen Industriestadt Dnjepropetrowsk hat in den wirren Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine atemberaubende Karriere hinter sich gebracht: von der Spitze eines mächtigen Gaskonzerns ins Gefängnis, von der Regierung in die Opposition. Von 1995 bis 1997 leitete Timoschenko die "Vereinten Energiesysteme der Ukraine", bei denen auch ihr Mann und ihr Schwiegervater beschäftigt waren. Das trug der erfolgreichen Managerin den Spitznamen "Gasprinzessin" ein. Ihre politische Karriere begann 1998 mit ihrer Wahl zur Parlamentsabgeordneten. Von 1999 bis 2001 war Timoschenko stellvertretende Ministerpräsidentin in der zunächst reformorientierten Regierung von Viktor Janukowitsch. Ihre Aufgabe sollte es sein, den korrupten Energiesektor des Landes zu reformieren. Darüber fiel sie bei Kutschma in Ungnade und wurde entlassen.

Nachdem sie in die Opposition gegangen war und ihre eigene Partei gegründet hatte, begann die Verfolgung durch die Justiz. Wegen "Schleichhandels mit russischem Gas" wurde sie 2001 für kurze Zeit inhaftiert. Auch ihr Mann und ihr Schwiegervater wurden ins Gefängnis gesteckt. Aber mit ihren Repressalien verfehlte die Führung in Kiew den gewünschten Effekt: Die Bilder von der attraktiven Frau hinter Gittern brachten Timoschenko noch mehr Sympathien der Opposition ein.