Kommentar

Eine Frau, die sich mit Sprengstoff am Leib zwischen verängstigte Kleinkinder legt, bereit, diese hilflosesten aller Geschöpfe in Fetzen zu reißen, ist keine ehrenvolle Kombattantin. Sie ist nichts weiter als eine unmenschliche Monstrosität.

Wer blutigen Terror gegen Kinder und Mütter richtet, hat weder Anspruch auf Schonung noch darauf, Gehör für sein Anliegen zu finden. Insofern haben die Geiselnehmer von Beslan politisch ihrem mächtigsten Gegner Wladimir Putin in die Hände gespielt. Mit äußerster Brutalität haben die russischen Sondereinheiten seit 1994 den gewalttätigen Freiheitsdrang des ungebärdigen Kaukasusvolkes der Tschetschenen zu zügeln versucht. Bis zu 220 000 Tote sind zu beklagen, viele davon zivile Opfer russischer Militärwillkür.

Doch wer wollte jetzt noch ernsthaft eine Unabhängigkeit der Tschetschenen unterstützen, wenn dessen Anführer Erstklässlern in den Rücken schießen lassen? Wer wollte den russischen Truppen nun noch in den Arm fallen, wenn sie die mörderischen Freischärler des Terror-Fürsten Schamil Bassajew zur Strecke bringen wollen?

Zunächst war es nur ein raffinierter Schachzug Putins, als er nach dem 11. September 2001 eilig erklärte, auch Russland sei Opfer des Terrors und habe gleichermaßen Anspruch auf Solidarität. Doch spätestens nach der Sprengung zweier russischer Zivilflugzeuge sowie einer U-Bahnstation mit zusammen 100 Toten, dem Kinder-Drama von Beslan und der Kooperation zwischen Al Kaida und dem Bassajew-Terror ist die westliche Welt tatsächlich eher solidarisch mit den Russen als mit den Tschetschenen.

Zwar ist es den Terroristen gelungen, ihren Krieg wieder in die Schlagzeilen zu bringen. Doch der Effekt ist erschreckend kontraproduktiv. Ein weiteres Mal vergiften Assoziationen wie Hass und Terror den Namen Tschetschenien - und letztlich auch den des Islam. Die überwiegend muslimische Südwestflanke Russlands schwelt bedrohlich: Arabische Fanatiker schüren den Terror, und die Beteiligung muslimischer Inguschen an der Geiselnahme ist geeignet, einen Krieg mit den christlichen Osseten auszulösen, deren Kinder im Feuersturm von Beslan starben.