Die USA wollen mit 17 000 zusätzlichen Soldaten in Afghanistan die wachsende Macht der radikalislamischen Taliban zurückdrängen. Es wird erwartet, dass US-Präsident Barack Obama auch Deutschland auffordern wird, ebenfalls mehr Truppen an den Hindukusch zu entsenden.

Washington/Kabul. US-Präsident Barack Obama hat der Entsendung von 17 000 weiteren Soldaten nach Afghanistan zugestimmt. Sie seien notwendig, "um die sich verschlechternde Lage zu stabilisieren", sagte Obama. Hier ist auch Deutschland gefordert. Die US-Regierung erwarte, dass auch Deutschland sein Engagement verstärken werde, verlautete in Washington. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat bereits angekündigt, Deutschland wolle seine Aufbauleistungen in Afghanistan verstärken. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen will die Bundesregierung 600 Soldaten zusätzlich an den Hindukusch schicken. Die Aufstockung ist durch das bisherige Mandat gedeckt, das die Entsendung von bis zu 4500 Soldaten gestattet.Afghanistan steht ab morgen auch im Mittelpunkt eines Treffens der Nato-Verteidigungsminister, die in Krakau über die Sicherung der Wahlen beraten wollen.

Obama hat erstmals seit seinem Amtsantritt auch mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai telefoniert. Damit sei eine neue Seite in den Beziehungen aufgeschlagen worden, sagte ein Sprecher Karsais. Es sei um die Aufstockung der Truppen, Ausrüstung und Ausbildung der afghanischen Armee sowie die Verbesserung der Sicherheitslage gegangen. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern hatten sich unter Obama abgekühlt, da die neue US-Führung Karsais Regierungsfähigkeit infrage stellte. Karsai warf den Amerikanern im Gegenzug eine wachsende Zahl ziviler Opfer im Kampf gegen die Taliban vor.

Die Mehrheit der US-Truppenverstärkung soll in den Süden Afghanistans entsandt werden. Sie sollen das Patt in der Region zwischen den Taliban und den vorwiegend aus Großbritannien, Kanada sowie den Niederlanden stammenden Nato-Truppen aufbrechen. Die USA erhöhen mit der Aufstockung ihre Truppenpräsens auf 55 000 Soldaten. Es wird erwartet, dass weitere 5000 Soldaten folgen werden, so dass die US-Armee insgesamt 60 000 Männer und Frauen für den Kampf gegen die Taliban abstellt. Am Hindukusch sind weitere 30 000 Soldaten aus 40 Nationen stationiert, die meisten aus Nato-Ländern. Deutschland hat derzeit knapp 3600 Soldaten im Einsatz.

Unterdessen haben die radikal-islamischen Taliban nach offiziellen Angaben zwei afghanische Schüler getötet, weil sie ausländische Soldaten gegrüßt haben. Die beiden Gymnasiasten im Alter von 19 und 20 Jahren hätten Soldaten eines vorbeifahrenden Konvois der Internationalen Schutztruppe ISAF gegrüßt und einige Worte Englisch mit ihnen gesprochen, sagte der Sprecher der Provinzregierung im zentralafghanischen Wardak, Adam Chan Serat. Die Taliban hätten die beiden Schüler daraufhin verschleppt und getötet. Ihre Leichen seien in der Nähe der Häuser ihrer Familien im Distrikt Sayed Abad in Wardak abgelegt worden.

Die Taliban teilten dagegen auf ihrer Webseite mit, die beiden seien Spione der amerikanischen Truppen gewesen. Sie seien nach einem entsprechenden Urteil eines Taliban-Gerichts hingerichtet worden. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung verurteilte die Morde als "außerordentlichen Akt der Barbarei". "Damit zeigen die Taliban wieder einmal ihr wahres Gesicht", erklärte Jung in Berlin. Die Taliban haben in den vergangenen Jahren Dutzende Dorfbewohner getötet, denen sie Spionage für ausländische Truppen oder die afghanische Regierung vorwarfen.