Er war schnell, aber er war nicht der Erste: Genau zwei Wochen nach dem Machtwechsel in den USA absolvierte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Dienstag seinen Antrittsbesuch in Washington. Mit seiner Kollegin Hillary Clinton traf er sich zum Mittagessen und einem Vier-Augen-Gespräch im US-Außenministerium.

Washington. Da hatte Clinton bereits ihren allerersten Gast aus Europa empfangen; der britische Außenminister David Miliband hatte schon am Vormittag seine Aufwartung gemacht.

Steinmeier, der sich ganz kurzfristig zu der Reise entschlossen hatte, war das egal. Dass Deutschland eine wichtige Rolle in der künftigen transatlantischen Zusammenarbeit spielen dürfte, ist für ihn ohnehin gewiss. Das zeigte schon der erste Auftritt mit seiner neuen Kollegin. Betont freundschaftlich - er nannte sie Hillary, sie ihn Frank - präsentierten sich die beiden nach ihrem Treffen.

"Deutschland ist einer unserer engsten Verbündeten", sagte Clinton. Um fast im gleichen Atemzug allerdings eines der heikelsten Themen anzusprechen: Afghanistan. Dort will Washington sein Engagement in diesem Jahr massiv verstärken. Dafür brauchten die USA auch Deutschland, ergänzte die US-Außenministerin. Mit konkreten Anfragen trat sie aber noch nicht an Steinmeier heran. Zunächst werde der US-Sondergesandte für Afghanistan, Richard Holbrooke, in die Region reisen.

Steinmeier ging nicht näher auf das Thema ein. Ohnehin ist klar, dass in der Frage einer Aufstockung des deutschen Kontingents am Hindukusch bis zur Bundestagswahl nicht allzu viel erwartet werden dürfte. Aber auch über den Afghanistan-Einsatz hinaus ist die Themenliste, bei denen deutsche Mitarbeit gefragt ist, lang: Nahost-Konflikt, Atomstreit mit dem Iran, die Zukunft des Iraks, die Aufnahme von Guantanamo-Gefangenen, weltweite Abrüstung, Klimafragen und vieles mehr. So will Steinmeier bald in den Irak reisen, um Möglichkeiten deutscher Hilfe bei Gesundheitsversorgung und Bildung auszuloten.

Schon im Vorfeld hatte Steinmeier immer wieder auf die Chancen verwiesen, die es nach acht Jahren George W. Bush nun gebe. Erstaunt stelle er fest, wie leicht jetzt manche Themen besprochen werden könnten, bei denen es mit der Vorgängerregierung kein Weiterkommen gab - und nannte Abrüstung oder Klimawandel als Beispiele. In Deutschland sei die Debatte darauf verengt worden, ob Obama auf mehr Bundeswehrsoldaten für Afghanistan drängen werde, sagte Steinmeier. Dabei gehe es nun um sehr viel mehr: um die Chance, gemeinsam eine neue transatlantische Agenda zu erarbeiten.

Der Zurückhaltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegenüber Obama stellt Steinmeier eine umso größere Begeisterung für den neuen US-Präsidenten entgegen. "Mir liegt daran, dass wir ohne naive Euphorie an die Zusammenarbeit gehen, aber dass wir die Chancen sehen", sagte er. Eine neue transatlantische Partnerschaft könne dem Westen insgesamt wieder mehr Glaubwürdigkeit geben.

Ob sich - entgegen aller protokollarischen Gepflogenheiten - für Steinmeier spontan auch eine Begegnung mit Obama ergeben würde, war bis zum Abend offen. Auch für einen ersten Besuch der Kanzlerin in Washington gab es zunächst keinen konkreten Termin. Steinmeier hielt sich am Dienstagabend zumindest schon einmal im Weißen Haus auf, dort hatte er einen Termin mit Obamas Sicherheitsberater James Jones.

Trotz aller Zuversicht werde es auch künftig im Verhältnis mit den USA nicht ohne Reibereien ablaufen. "Es wird nicht jeden Tag Honeymoon sein", hatte Steinmeier auf seinem Weg nach Washington gesagt. Im Vergleich zur großen Koalition, wo es nach Aussage des Kanzlerkandidaten gerade "rüttelt und ruckelt", herrscht mit der neuen Regierung jenseits des Atlantiks jedoch bislang ungetrübte Harmonie.