Im Konflikt um die Rehabilitierung des englischen Bischofs Williamson kritisiert der CDU-Politiker indirekt Bundeskanzlerin Merkel.

Hamburg/Berlin. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat Papst Benedikt XVI. gegen harsche Kritik aus Kirche und Politik verteidigt. "Vieles, was dem Papst jetzt unterstellt wird, ist beinahe bösartig, jedenfalls nicht redlich", sagte Lammert in einem Interview mit der Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts.

Der Papst hatte den Kirchenbann über vier traditionalistische Bischöfe aufgehoben. Unter ihnen befindet sich der Engländer Richard Williamson, der den Holocaust leugnet. Nach Bekanntgabe der Entscheidung gingen mehrere deutsche Bischöfe auf Distanz zum deutschen Papst; Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte den Vatikan zur Klarstellung auf, dass es keine Leugnung des Holocaust geben könne und dass es einen positiven Umgang mit dem Judentum geben müsse.

Der Fall Williamson sei "keine Lappalie", sagte Lammert. "Ich rate dazu, das Problem nicht zu verniedlichen. Es gibt aber inzwischen eine Art rhetorischen Überbietungswettbewerb, den ich weder gerechtfertigt noch fair, noch in der Sache hilfreich finde." Auf die Frage, was hilfreich wäre, antwortete der Parlamentspräsident: "Im Augenblick lässt sich leider eher formulieren, was nicht hilfreich ist: Die nächste öffentliche Aufforderung an den Vatikan, wie er sich gefälligst verhalten müsse, ist sicher nicht hilfreich."

Lammert kritisierte indirekt die Kanzlerin für ihre Aufforderung, der Papst solle die Haltung des Vatikans zum Holocaust und zum Judentum klarstellen. "Zweifel an der Position der Katholischen Kirche und des Papstes halte ich in der Sache für völlig unbegründet", betonte der nach dem Bundespräsidenten zweithöchste Vertreter des Staates. Gerade deshalb sei es ebenso unbegreiflich wie ärgerlich, dass durch das vatikanische Vorgehen ein solcher Eindruck überhaupt entstehen konnte.

Zur Einordnung der päpstlichen Entscheidung sagte Lammert, das Verfahren zur Aufhebung der Exkommunikation sei offenbar abgeschlossen gewesen, "bevor es diese berüchtigte Regensburger Äußerung von Williamson überhaupt gab". Allerdings habe sich der Bischof nicht zum ersten Mal in dieser oder einer ähnlichen Weise geäußert. Dies hätte dem Vatikan im Verfahren auffallen müssen, so der Parlamentspräsident. "Und dass Papst Benedikt XVI. die von ihm getroffene oder gebilligte Entscheidung persönlich zwei Tage nach Bekanntwerden dieser Williamson-Äußerung von Regensburg aufrechterhalten und öffentlich vorgetragen hat, das ist nicht nur mir völlig unverständlich."


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