Geheimgänge nach Ägypten werden repariert. Autonomiebehörde wirft den Militanten vor, Hilfslieferungen zu unterschlagen.

Hamburg. Israel hat der radikalislamischen Hamas mit neuen Angriffen im Gazastreifen gedroht. Wenn die Hamas-Kämpfer weiter Tunnel an der Grenze zu Ägypten zum Waffenschmuggel in das Küstengebiet nutzten, behalte sich Israel Angriffe gegen die Geheimgänge vor. Nach Angaben der israelischen Zeitung "Haaretz" bringen Schmuggler weiterhin Waffen, Drogen und normale Handelswaren in das Palästinensergebiet.

Trotz der massiven Bombardierung durch die israelische Luftwaffe sei das Tunnelsystem weitgehend intakt, berichteten Bewohner des ägyptischen Teils der Grenzstadt Rafah. Der Schmuggel habe während der israelischen Offensive nie aufgehört und sei jetzt noch einmal verstärkt worden. Neben Palästinensern seien auch Beduinen vom Sinai an dem Schmuggel beteiligt. In Kairo hieß es, die Regierung von Präsident Husni Mubarak drücke gegenüber dem unterirdischen Warenverkehr der Beduinen oft ein Auge zu.

Außer Livni warnte auch Verteidigungsminister Ehud Barack: "Wenn wir dazu gezwungen werden, wird es mehr Angriffe geben." Premier Ehud Olmert sagte, er hoffe auf eine längere Waffenruhe. "Wir haben aber unberechenbare Nachbarn", sagte er mit Blick auf die Hamasregierung in Gaza.

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben rund 150 Geheimgänge zerstört. Nach Angaben der "Haaretz" haben vor allem die Tunnel, die durch Holzkonstruktionen geschützt wurden, den Schlägen aus der Luft standgehalten. Offenbar habe die Luftwaffe keine bunkerbrechenden Bomben benutzt. Augenzeugen berichteten, unter dem Schutz von Zelten arbeiteten Hunderte Palästinenser daran, eingestürzte Gänge wieder freizubekommen.

Im Flüchtlingslager Schati im Gazastreifen wurden gestern fünf Palästinenser durch israelischen Granatenbeschuss der Marine verletzt. Das teilten palästinensische Rettungskräfte mit. Die Marine teilte mit, sie habe lediglich Warnschüsse abgegeben. Andernorts hielt die von Israel und der Hamas getrennt voneinander vereinbarten Waffenruhe.

Ein Arzt aus dem Gazastreifen hat unterdessen die Angaben der Hamas über die Anzahl der palästinensischen Todesopfer durch die dreiwöchige Offensive infrage gestellt. Es gebe "auf keinen Fall mehr als 600 Todesopfer", sagte der Mann, der aus Angst um sein Leben anonym bleiben wollte, der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". Nach palästinensischen Angaben starben in dem Konflikt 1330 Menschen, knapp ein Drittel von ihnen Kinder. Fast 5500 Palästinenser seien verletzt worden.

Die Palästinensische Autonomiebehörde warf der Hamas vor, humanitäre Lieferungen zu unterschlagen. Bewaffnete Kämpfer hätten Dutzende Lastwagen mit Hilfsgütern im Gazastreifen in ihre Gewalt gebracht, sagte der PA-Sozialminister Mahmud Habbasch im Radio in Ramallah. Die Lieferungen hätten vom Uno-Hilfswerk UNRWA übernommen werden sollen, fügte er hinzu. Die Hamas bestritt die Vorwürfe. Die Lieferungen stammten von arabischen Spendern, die diese ausdrücklich für die Hamas-Regierung im Gazastreifen vorgesehen habe. Israel kündigte angesichts der katastrophalen Lage in dem Palästinensergebiet eine eingeschränkte Grenzöffnung für Hilfsliegerungen an. "Als Antwort auf die humanitären Bedürfnisse sind wir bereit, in diesem Bereich so weit wie nötig zu kooperieren", sagte Livni nach einem Krisentreffen mit ihren EU-Kollegen in Brüssel. Eine generelle Grenzöffnung sei aber erst möglich, wenn jeder Waffenschmuggel ausgeschlossen werden könne.

Israel teilte außerdem mit, vom heutigen Freitag an wieder ausländische Journalisten nach Gaza reisen zu lassen.