Kommentar

Bombeneinschläge in Bagdad, Panzerkolonnen, endlos startende Kampfflugzeuge, Saddam-Porträts, Demonstrationen überall in der Welt, Giftgasdebatten im Frühstücksfernsehen. Diese Bilder sehen wir jetzt bis zu 20-mal am Tag, und sie sind deshalb so unerträglich, weil sie nur wenig sagen. Welche sind Dokumente, welche sind Bestandteil der psychologischen Kriegsführung? Krieg, Krieg, Krieg. "Ich hab den Fernseher ausgeschaltet", sagte eine Freundin am gestrigen Freitagabend, "ich ertrage es nicht länger." Das Bedürfnis, einfach abzuschalten, ist nachvollziehbar. Fast drei Monate lang erlebten wir das Zerren um militärische und friedliche Lösungen, das transatlantische Zerwürfnis, UNO-Debatten, Ultimaten, Friedensgebete, Drohungen. Seit Wochen spitzt sich die Schlacht der Standpunkte, Führungsansprüche, Finten und Sonderwege zu. Jetzt sind die Würfel gefallen, seit Mittwochnacht wird geschossen - und unsere Stimmung klappt wie unter einem tonnenschweren Gewicht zusammen. Was viele Menschen - darunter auch Abendblatt-Leser, die uns schreiben - empfinden, geht tiefer als Trauer über die Opfer, die dieser Krieg fordern wird und bereits gefordert hat; tiefer auch als Enttäuschung, dass am Ende doch die Waffen und nicht die Politik sprechen sollen. Der Waffengang im Irak ist das eine, der "gefühlte Krieg" etwas anderes: Es scheint, als ginge eine ganze Ordnung zu Bruch. Warum musste ausgerechnet die Orientierung gebende Supermacht USA einen Krieg erklären? Wie tief sind die Risse zwischen den westlichen Demokratien? Welche Folgen hat das für die Wirtschaft? Was kommt auf die Staatengemeinschaft zu, um im Großraum Naher Osten eine stabile Nachkriegsordnung aufzubauen? Werden unsere Kinder noch so arglos durch die Welt trampen können, wie wir aus der Elterngeneration es konnten? Wer zeigt einen vernünftigen Weg aus der Krise? Die Fragen sind berechtigt - aber die informationsarme Bilderflut von Gasmasken und Panzerkolonnen gibt natürlich keine Antwort darauf; sie kann sogar eher Resignation schüren - eine Gefahr, mit der sich die Medien befassen müssen. Denn die Politik ist nicht am Ende, sondern gerade jetzt gefordert, den Scherbenhaufen zu kitten. Der Krieg ist eine Antwort auf einen Diktator, aber auf viele andere Probleme nicht. Darin zumindest ist sich die Öffentlichkeit - in den europäischen Ländern und in den USA - einig. Deshalb ist Resignation jetzt der schlechteste Ratgeber.