Viele haben Angst - auch in Deutschland. Die Bilder von Explosionen, Panzern und Soldaten sind allgegenwärtig. Wie können Eltern und Lehrer helfen?

Hamburg. "Lebt morgen noch meine Mutter?" - Muna hat Angst. Sie gehört zu den Kindern, die sich ihre Sorgen über den Irak-Krieg im Internet von der Seele schreiben. In den ersten 36 Stunden seit Kriegsbeginn seien fast 500 Einträge im Gästebuch der Kinder-Nachrichtensendung "logo!" des ZDF eingegangen, sagt der verantwortliche Redakteur Michael Stumpf. "Hört auf damit! Das ist Schwachsinn!", schreibt Sandra und trifft damit die Stimmung der meisten Kinder. Sie finden den Krieg "doof" und "blöd". Am meisten sorgen sich die Acht- bis 14-Jährigen um ihre Altersgenossen im Irak. Viele Kinder fühlen sich aber auch selbst bedroht. "Sie haben Angst, dass auch in Deutschland Bomben fallen und Attentate stattfinden. Sie träumen davon und können die Angst nicht allein bewältigen", sagt Dr. Tobias Wiencke (45), Kinderpsychiater und Hamburger Landesvorsitzender des Berufsverbandes der Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Der Berufsverband schlägt Eltern vor, eigene Kriegsängste nicht vor ihren Kindern zu zeigen und Fragen kindgerecht zu beantworten: "Durch Nachfragen, was das Kind aufgenommen hat, ist viel gewonnen." Kinderpsychiater Wiencke rät: . Kinder bis etwa zum achten Lebensjahr sollten nach Möglichkeit ganz von Nachrichten ferngehalten werden. Ohne Erwachsene sollten sich Kinder die TV-Bilder vom Krieg nicht ansehen. . Die Eltern müssen immer für ein Gespräch da sein. "Sie sollten sich auch mit anderen Eltern über das Fernsehverhalten und gemeinsame Sprachregelungen abstimmen. Andererseits darf aber auch keine ,heile Welt' vorgegaukelt werden", so Wiencke. . Die Antworten sollen die Kinder beruhigen, so dass sie die Informationen in ihre Welt einordnen können. . Die Eltern müssen so reagieren, dass dem Kind klar wird, dass Eltern, Verwandte und Freunde nicht betroffen sind. . Bei Jugendlichen sollten Eltern nachfragen, was sie über den Krieg wissen und wie sie damit zurechtkommen. Auch in den Schulen ist der Irak-Krieg im Moment Thema Nummer eins. "Die Gefühle unter unseren Schülern sind sehr gemischt. Sie reichen von äußerlicher Gelassenheit, über Angst und Betroffenheit bis hin zur Wut", sagt Horst Fuhrmann (55), Schulleiter in Meckelfeld im Kreis Harburg. "Wir unterrichten Elf- bis Zwölfjährige in der fünften bis sechsten Klasse. Unsere Lehrer machen bislang den Krieg nicht zum Thema, gehen aber auf die Fragen der Schüler ein." Er und seine Kollegen müssten sich auf dieses Thema gut vorbereiten, um keine unnötigen Ängste zu schüren. "Wichtig ist, die Situation weder zu dramatisieren noch zu bagatellisieren", sagt Prof. Michael Schulte-Markwort (46), stellvertretender Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am UKE. Kleinere Kinder in Schule und Kindergarten brauchen kindgerechte Vergleiche. "Wenn man Fünfjährigen den Krieg erklären will, sollte man zu Bildern greifen, die sie verstehen, zum Beispiel die Situation, wenn sie sich untereinander zanken", rät der Kinderpsychiater. Auf die Frage einer Achtjährigen, wer von beiden denn nun der Böse sei, Bush oder Hussein, antwortete Schulte-Markwort: "Beide, weil sie ihre Konflikte nur mit Gewalt lösen können."