Bei dem rund vierstündigen Großeinsatz der Polizei wurde das Haus Liebigstraße 14 geräumt. Ein Polizist musste ins Krankenhaus.

Berlin. Das von einem linksalternativen Projekt bewohnte Haus in der Haus in der Liebigstraße 14 in Berlin-Friedrichshain ist geräumt. Das teilte die Polizei am Mittwoch nach einem rund vierstündigen Großeinsatz mit. Es befinde sich kein Bewohner mehr in dem Haus, sagte ein Polizeisprecher. Nach jahrelangem Rechtsstreit musste das Wohnprojekt somit den Plänen des Hausbesitzers weichen. Bei der Räumung kam es zu mehreren Dutzend Festnahmen. Mehrere Beamte wurden verletzt.

Vor Beginn der Räumung hatten Einsatzkräfte am frühen Morgen die Liebigstraße und die angrenzende Rigaer Straße abgesperrt. Bei ihrem Großeinsatz wurde die Berliner Polizei von Beamten aus anderen Bundesländern unterstützt. Unter anderem sorgten die Polizisten dafür, dass Demonstranten und Gegner der Räumung nicht nahe an das Haus in der Liebigstraße herankommen konnten.

Unterstützer der Bewohner protestierten gegen die Räumaktion, teilweise auch mit Gewalt. Bei einer Spontandemonstration auf der Frankfurter Allee mit rund 500 Teilnehmern flogen Flaschen und Steine in Richtung von Polizeibeamten. Die Polizei sei stadtweit mit rund 2.500 Beamten im Einsatz gewesen und habe zeitweise rund 1.000 Demonstranten beobachtet, sagte ein Polizeisprecher. Bis zum späten Mittag habe es bei Protestaktionen 32 Festnahmen gegeben, unter anderem wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung. Acht Beamte wurden verletzt, einer von ihnen musste im Krankenhaus behandelt werden.

Die Räumung hatte sich schwierig gestaltet, da im Innern des Hauses die Treppen unbrauchbar gemacht wurden, wie der Polizeisprecher erläuterte. Erst nach mehreren Stunden traf die Polizei, die das Erdgeschoss des Hauses kurz nach 8.00 Uhr betreten hatte, dem Sprecher zufolge in einer Wohnung im dritten Obergeschoss auf zehn Personen. Diese hissten eine schwarze Fahne auf dem Balkon und besprühten die Beamten mit Feuerlöschern. Daraufhin wichen die Beamten dem Sprecher zufolge zurück, konnten ihren Einsatz wenig später aber unverletzt fortsetzen. Neun der Personen, sechs Männer und drei Frauen, wurden zur Feststellung ihrer Identität auf eine Polizeistation gebracht. Gegen sie wurde ein Verfahren wegen Widerstands und gefährlicher Körperverletzung eingeleitet. Außerdem wollte die Polizei das Gebäude sichern und an den privaten Eigentümer übergeben.

Auch der Anwalt des mit den Bewohnern sympathisierenden Vereins „Liebig 14“, Max Althoff, war am Ort des Geschehens. Er bezeichnete die Räumung als „unrechtmäßig“ und bezog sich damit auf einen Beschluss des Berliner Landgerichts vom Vorabend, wonach sich der Gerichtsvollzieher mit ihm vor Räumungsbeginn hätte besprechen müssen.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele bedauerte die Räumung. Bis zuletzt habe er zwischen den Bewohnern des Hauses und dem Haupteigentümer der Immobilie zu vermitteln versucht. Leider sei der Eigentümer „zu keinem einzigen Telefonat“ bereit gewesen, sagte Ströbele. Seine Parteifreundin Renate Künast zeigte hingegen Verständnis für die Polizeiaktion. Sie hätte sich gewünscht, dass die Zwangsräumung Berlin erspart geblieben wäre. Aber der Rechtsweg sei ausgeschöpft, es gebe einen Rechtstitel. Damit sei die Lage rechtlich klar, sagte Künast, die bei der Abgeordnetenhauswahl im September für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin kandidiert. Das Gebäude in der Liebigstraße 14 im Ostteil Berlins war 1990 besetzt worden. Die Bewohner erhielten später Mietverträge, wurden aber gekündigt, als zwei private Investoren das Haus Ende der 90er Jahre kauften. Vor Gericht unterlagen die Bewohner nach langjährigen Prozessen.

Bewohner und Sympathisanten wehrten sich gegen die Räumung des Hauses, das verbarrikadiert worden war. Fenster waren zugenagelt und Balkons mit Stacheldraht umzäunt. Auf Plakaten an der Hausfront hieß es in „Sich fügen heißt lügen“ und „Räumung stoppen“. In den Fenstern mehrerer angrenzender Häuser protestierten Gegner der Räumung. Ihrem Unmut über die Polizeiaktion verliehen sie unter anderem Ausdruck, indem sie auf Töpfe und Pfannen schlugen und eine Sirene heulen ließen. Die linke Szene machte seit Tagen mit Demonstrationen und Aktionen gegen die Räumung des Hauses mobil. Bereits am vergangenen Samstag gab es bei einer Demonstration linker Gruppen gegen die Räumung Ausschreitungen, bei denen 40 Polizisten verletzt wurden.