Nach dem Erdbeben in Christchurch ist die Zahl der Opfer weiter gestiegen. Rettungskräfte suchen in den Trümmern verzweifelt nach Überlebenden.

Christchurch. Einen Tag nach dem schweren Erdbeben in der neuseeländischen Stadt Christchurch ist die Zahl der Todesopfer auf mindestens 75 gestiegen. 300 Menschen wurden am Mittwoch noch vermisst, wie Ministerpräsident John Key mitteilte. 120 Überlebende konnten bislang aus den Trümmern gerettet werden. Key verhängte am Mittwoch einen landesweiten Ausnahmezustand, in Teilen des Erdbebengebietes galt eine nächtliche Ausgangssperre. Das Beben der Stärke 6,3 vom Dienstag war mit das heftigste in Neuseeland seit 80 Jahren.

Die Rettungskräfte konzentrierten sich am Mittwoch auf etwa ein Dutzend eingestürzte oder schwer beschädigte Gebäude, unter deren Trümmern noch Überlebende vermutet wurden. Mehr als 400 Einsatzkräfte unterstützten die Suche mit Wärmebildkameras und Suchhunden, darunter Teams aus Australien, Singapur, Taiwan, den USA und Großbritannien. Aus den Trümmern eines zerstörten Bürogebäudes wurde mehr als 24 Stunden nach dem Beben eine Frau lebend geborgen. Unter den Anwesenden brach Jubel aus, als die Frau bei Sonnenaufgang gerettet wurde. Sie wurde sofort zu ihrem Ehemann gebracht, der die Rettungsaktion verfolgt hatte, wie Bürgermeister Bob Parker sagte.

Für Vermisste, die unter einem weiteren eingestürzten Bürogebäude begraben wurden, bestand nach Polizeiangaben dagegen keine Hoffnung mehr. Die Behörden stellten die Rettungsbemühungen am Gebäude des Senders Canterbury Television am Mittwoch ein. Unter den Opfern sind möglicherweise mehrere Schüler aus dem Ausland, außerdem wurden 15 Mitarbeiter des Senders vermisst.

Ausgangssperre ab 18.30 Uhr

Die Ausgangssperre galt ab 18.30 Uhr Ortszeit. Wer sich danach noch in dem abgesperrten Gebiet in der Innenstadt auf der Straße aufhalte, werde festgenommen, kündigte die Polizei an. Das Gebiet sei zu gefährlich, da dort noch Gebäude vom Einsturz bedroht seien. Wie lange die Ausgangssperre gelten soll, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Der am Dienstag geschlossene Flughafen von Christchurch wurde unterdessen für Inlandsflüge wieder geöffnet. Urlauber wurden mit Militärmaschinen in andere Städte geflogen. Mehrere tausend Einwohner von Christchurch suchten in Notunterkünften in Schulen und Mehrzweckhallen Zuflucht.

Zweites größeres Beben binnen fünf Monaten

Der Erdstoß der Stärke 6,3 war bereits der zweite größere in Christchurch innerhalb von fünf Monaten und ist eine der schwersten Naturkatastrophen in Neuseeland seit Jahrzehnten. Die Stadt ist seit einem Erdbeben der Stärke 7,1 im September vergangenen Jahres von hunderten Nachbeben erschüttert worden. Bei dem Erdstoß vom 4. September entstand ein Milliardenschaden an mehreren hundert Gebäuden, und einige Menschen wurden verletzt. Ums Leben kam aber niemand.

Christchurch ist mit 350.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Neuseelands. Sie ist bei Urlaubern beliebt als Tor zur Südinsel. Neuseeland liegt im pazifischen Feuergürtel, auch Ring aus Feuer genannt, einer Zone reger Vulkantätigkeit. Dort ereignen sich etwa 90 Prozent aller Erdbeben weltweit. Jedes Jahr kommt es zu mehr als 14.000 Beben, von denen aber nur etwa 150 zu spüren sind. Weniger als zehn richten Schäden an.