Eine Stadt in Angst: Mindestens 65 Menschen sterben bei einem heftigen Erdbeben in Christchurch. Bis zu 200 Menschen in Trümmern eingeschlossen.

Wellington/Christchurch/Tokio. Nach dem schweren Erdbeben in Neuseeland waren am Dienstag noch mehrere Menschen in eingestürzten Gebäuden eingeschlossen. Unter ihnen war auch eine Gruppe Austauschschüler aus Japan, wie der Direktor der Sprachschule in Toyama in Westjapan, Hisao Yoshida, erklärte. Die 21 Schüler und zwei Lehrer hätten gerade in der Cafeteria der Schule gesessen, als die Erde bebte, sagte Yoshida. Eine Lehrkraft und zwei Schüler hätten es ins Freie geschafft. Die andere Lehrerin informierte den Angaben zufolge über ihr Mobiltelefon ihre Familie in Japan, dass sie zusammen mit sieben Schülern in den Trümmern eingeschlossen sei. Über das Schicksal der zwölf weiteren Schüler war zunächst nichts bekannt.

Chaos und Panik: Verheerendes Erdbeben in Neuseeland

Bei einem schweren Erdbeben sind in der neuseeländischen Stadt Christchurch mindestens 65 Menschen ums Leben gekommen. "Die Zahl wird wahrscheinlich noch steigen“, teilte das Amt für Zivilverteidigung am Dienstagabend (Ortszeit) jedoch mit. Christchurch ist die zweitgrößte Stadt des Landes. Bürgermeister Bob Parker sagte im Fernsehen, die Zahl der Todesopfer könne sich sogar verdoppeln. Dutzende Menschen wurden noch unter den Trümmern vermutet.

In der Innenstadt stürzten zahlreiche Bürogebäude und Geschäftshäuser ein. Das Beben der Stärke 6,3 ereignete sich am Mittag um 12.51 Uhr, als in der Stadt mit 400.000 Einwohnern Hochbetrieb herrschte. An der mehr als 100 Jahre alten Kathedrale stürzte der Turm ein. “Es könnte die dunkelste Stunde Neuseelands sein“, warnte Regierungschef John Key. Erst im September hatte ein schweres Erdbeben in Christchurch schwere Schäden angerichtet.

Die Einwohner sprachen von Chaos und Panik. Tausende rannten schreiend ins Freie. Eingeschlossene riefen um Hilfe. Blutüberströmte Menschen liefen orientierungslos herum. Die aus Bochum-Wattenscheid stammende Häusermaklerin Sabine Cook war im Auto unterwegs, als das Beben passierte. „Es war unbeschreiblich! Als wenn ein Riese das Auto packt. Man verliert völlig die Gewalt“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Sie sah weitreichende Zerstörung. „Kamine sind auf die Straßen gestürzt. Schaufensterscheiben waren kaputt und das Glas lag auf der Straße, Mauern waren eingestürzt und Zäune platt“, sagte sie. „Die Zerstörung ist unbeschreiblich.“

Im Forsyth Barr-Gebäude saß Gary Moore zusammen mit etwa 20 Kollegen in der 12. Etage fest. „Beide Treppenhäuser sind eingestürzt, wir schauen in einen tiefen Abgrund“, erzählte er per Telefon im Fernsehen. „Wir können auch nicht auf das Dach kommen.“ Jedes Nachbeben versetze die Leute in Panik. Moore vertraute auf die Feuerwehrleute, die bereits aus dem 17. Stock mehrere Eingeschlossene von Balkonen gerettet hatten. Auch im TV-Gebäude saßen am Abend noch 50 Menschen fest. Zunächst konnten nur sechs gerettet werden, berichtete das neuseeländische Fernsehen.

In der Innenstadt von Christchurch brach an mehreren Stellen Feuer aus. Zahlreiche Straßen waren überflutet, weil Rohre geborsten waren. Nach Angaben von Augenzeugen hatte sich der Boden teilweise um bis zu einem Meter gehoben. Die Rettungsdienste hatten nicht genügend Krankenwagen. Lieferwagen und Kombis waren im Einsatz, um Verletzte zu transportieren. Sanitäter öffneten Krankenstationen zur Notversorgung am Straßenrand. Die Retter, die schockierten Einwohnern aus den Trümmern halfen, wurden immer wieder von Nachbeben behindert. Das stärkste hatte nach Angaben der Zivilverteidigung eine Stärke von 5,7.

Rund 80 Prozent der Stadt waren zeitweise ohne Strom. Auch die Wasserversorgung brach zusammen. „Wenn es regnet, bitte Wasser in Eimern sammeln“, riet das Amt für Zivilverteidigung.

Das Epizentrum lag nur gut zehn Kilometer südöstlich der Großstadt, das Beben ereignete sich nur fünf Kilometer unter der Erdoberfläche. Deshalb waren die Schäden auch noch schlimmer als bei dem 7,1-Beben im vergangenen September. Das Epizentrum lag damals 30 Kilometer von der Stadt entfernt, und der Erdstoß passierte am frühen Morgen, als nur wenig Menschen in der Stadt unterwegs waren. Damals wurden die Wiederaufbaukosten auf vier Milliarden neuseeländische Dollar (2,2 Milliarden Euro) geschätzt. (dapd/dpa)