Unter großem Andrang hat der Prozess gegen den Mann begonnen, der in Krailling seine beiden Nichten umgebracht haben soll. Doch er schweigt.

München/Krailling. Als Mörder seiner beiden kleinen Nichten steht seit Dienstag ein 51-Jähriger vor dem Landgericht München II. Er soll die achtjährige Chiara und die elfjährige Sharon in der Nacht zum 24. März 2011 in der Wohnung der Mutter im Münchner Vorort Krailling mit einem Seil, einer Hantelstange und einem Küchenmesser umgebracht haben. Zum Auftakt schwieg der Mann vor Gericht.

„Zum jetzigen Zeitpunkt macht mein Mandant keine Angaben“, sagte sein Anwalt Adam Ahmed. Er wolle sich derzeit weder zur Sache noch zum persönlichen Werdegang äußern. Eine spätere Einlassung oder Erklärung sei aber nicht ausgeschlossen. Die Eltern der ermordeten Kinder sind in dem Prozess Nebenkläger. Sie kamen aber am Dienstag nicht zum Prozessauftakt.

Fast entspannt ließ der 51-Jährige zum Prozessauftakt das Blitzlichtgewitter der Fotografen über sich ergehen. Ohne sichtbare Regung verfolgte er die Verlesung der Anklage. Der Grund für die Bluttat waren nach Ansicht der Anklage finanzielle Schwierigkeiten.

Er habe den Mordplan geschmiedet, als die finanzielle Lage der Familie sich immer mehr zuzuspitzen begann, sagte Staatsanwalt Florian Gliwitzky. Die Familie mit vier Kindern soll sich durch den Bau eines Hauses schwer verschuldet haben. Um an ein Erbe zu kommen, habe der Familienvater nicht nur die Kinder, sondern auch die Mutter und Schwester seiner Frau umbringen wollen. Unter anderem sei es um eine Wohnung in Krailling gegangen, die seiner Ehefrau und der Schwägerin gemeinsam gehörte. Dann wäre die Ehefrau Erbin gewesen.

„Um zu vermeiden, dass wegen des Ablebens seiner Schwägerin und seiner Nichten ein Verdacht auf ihn fällt, plante der Angeschuldigte, die Tötung seiner Nichten und seiner Schwägerin als „erweiterten Suizid“ zu tarnen“, sagte Gliwitzky. Die Kinder durchlebten laut Anklage ein Martyrium: Zuerst habe er die kleine Chiara gewürgt. Doch als Sharon das mitbekam, tötete er sie. Sie habe sich gewehrt, während Chiara inzwischen in Todesangst ins Kinderzimmer floh und die Tür zuhielt. Doch auch sie starb wenig später. Die Schwägerin habe er in einer gefüllten Badewanne mit einem angeschalteten Elektrogerät - einem Handmixer - umbringen wollen. Als seine Schwägerin im Laufe der Nacht aber nicht wie erwartet nach Hause kam, habe er von dem Plan Abstand genommen und die Wohnung verlassen.

Die Mutter fand ihre beiden toten Kinder, als sie am frühen Morgen zusammen mit ihrem Lebensgefährten nach Hause kam. Sie hatte in der nur 50 Meter entfernten Musikkneipe des Mannes geholfen. DNA-Spuren des Onkels in der Wohnung und an den Leichen der Kinder brachten die Ermittler auf die Spur. Der Mann stritt die Tat zunächst ab, danach schwieg er.

Der psychiatrische Sachverständige Henning Saß schilderte den Mann im Prozess als lebenszugewandten Menschen, der in der Schule teils gute Noten hatte. Zeitweise studierte er, arbeitete dann als Feinmechaniker, versuchte später, sich selbstständig zu machen und habe schließlich als Postzusteller gearbeitet. Auch eine Krebskrankheit seiner Frau und eine Lebertransplantation bei einem seiner Söhne habe er nicht als übermäßige Belastung empfunden. Das habe zu seinem Leben gehört, zitierte Saß den Mann. Er war zum dritten Mal verheiratet und hat insgesamt sechs Kinder.

Bisher sind 13 Prozesstage bis zum 27. März angesetzt. Am ersten Prozesstag sollten unter anderem Polizeibeamte als Zeugen gehört werden, die am Tatort waren. Am Mittwoch sollen dann Rettungskräfte aussagen.