Die Anklage wirft Thomas S. vor, seine beiden Nichten aus Habgier ermordet zu haben, um seine Frau zur Alleinerbin des Familienvermögens zu machen.

München. Im Prozess um den Doppelmord an zwei Schwestern aus Krailling hat am Montag vor dem Landgericht München ein Zeuge über Unstimmigkeiten beim Hausbau der Familie des Angeklagten berichtet. 2009 hatte der Mann nach eigenen Angaben Spenden in Höhe von 10.000 Euro in seinem Freundeskreis aufgetrieben, um der Familie durch die Vermittlung einer Stiftung bei der Fertigstellung des Hausrohbaus zu helfen. Zudem habe er eine befreundete Bauunternehmerin hinzugezogen, die das Haus mit weiteren Helfern unentgeltlich fertig bauen wollte.

Dem Zeugen fielen jedoch nach und nach Ungereimtheiten in der Darstellung des Angeklagten auf, wie er vor Gericht schilderte. So habe er herausgefunden, dass ein Bauträger, der den Angeklagten angeblich um eine größere Geldsumme betrogen haben soll, alle Rechnungen korrekt gestellt und zudem zu sehr guten Preisen gearbeitet habe. Auch dass die krebskranke Frau des Angeklagten nur noch eineinhalb Jahre zu leben habe, stellte sich als Lüge raus.

"Als ich Thomas S. fragte, wie er die laufenden Kosten für Haus und Kinder decken will, sagte er, er bekäme nach dem Tod seiner Frau ja Witwen- und Waisenrente", berichtete der Mann. Der Zeuge gab an, der Angeklagte habe letztlich mit einem Erbe durch den Tod der Großmutter seiner Frau gerechnet, um den Hausbau weiterhin zu finanzieren.

Das ganze Haus sei mit Fußbodenheizung und elektrischen Garagentoren "für eine hilfsbedürftige Familie völlig überdimensioniert" gewesen. Zur Übergabe der Spenden kam es letztendlich nicht. "Mich hat das sehr belastet; da will man etwas Gutes tun und dann wird man so hintergangen", sagte der Zeuge.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, seine acht und elf Jahre alten Nichten Sharon und Chiara im März vergangenen Jahres aus Habgier mit einem Seil, einem Messer und einer Hantelstange brutal ermordet zu haben. Eines der Motive für die Tat sieht die Staatsanwaltschaft in der Geldnot des Angeklagten. Sein Haus konnte trotz Unterstützung durch Verwandte nicht fertig gebaut werden. Die Ermittler gehen davon aus, dass Thomas S. ursprünglich auch die Mutter der Mädchen ermorden wollte, um so seine Frau zur Alleinerbin des Familienvermögens zu machen.