Der Stimmenrekorder und der Flugdatenschreiber der abgestürzten Air France-Maschine sind in Frankreich zur Auswertung eingetroffen.

Paris. Knapp zwei Jahre nach der schwersten Air France-Flugzeugkatastrophe sind die Unfallermittler so optimistisch wie nie zuvor, doch noch die Ursache des Unglücks zu finden. Am Donnerstag trafen die vor einigen Tagen vom Atlantikgrund geborgenen Flugschreiber bei Le Bourget in Paris ein. Bis Montag soll geklärt sein, ob die Daten noch problemlos auslesbar sind. „Wir sind zuversichtlich“, sagte der Chef der zuständigen französischen Untersuchungsbehörde (BEA), Jean-Paul Troadec, bei einer Pressekonferenz. Gewissheit werde es aber erst in drei Tagen geben.

Wenn alles nach Plan läuft, beginnt anschließend die Auswertung der Daten. Einen ersten umfassenden Bericht wird es nach Angaben der Ermittler aber frühstens Ende des Jahres geben - auch wenn schon schnell neue Hypothesen aufgestellt werden könnten. „Klar ist, wir werden uns weiterhin auf einen ziemlich langen Untersuchungsprozess einstellen müssen“, kommentierte der Vorsitzende der deutschen Hinterbliebenenvereinigung HIOP AF 447, Bernd Gans, der für den Termin aus Oberbayern nach Frankreich gekommen war. „Zwei Jahre sind vergangenen. Und jetzt noch ein Jahr. Das ist fast unmenschlich.“

Der Stimmenrekorder (CVR) und der Flugdatenschreiber (FDR) gelten als Schlüssel zur Aufklärung des Unglücks. Bei dem Absturz am 1. Juni 2009 waren insgesamt 228 Menschen ums Leben gekommen, darunter auch 28 Deutsche. Sicher ist bislang nur, dass die Langstreckenmaschine vom Typ Airbus A330-200 auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris in eine Unwetterfront flog und dort Probleme bei der Geschwindigkeitsmessung hatte. Schlechtes Wetter und fehlende Tempodaten allein dürften ein solches Flugzeug normalerweise aber nicht abstürzen lassen.

Das Wrack war erst Anfang April dieses Jahres nach mehreren erfolglosen Suchaktionen in 3900 Metern Tiefe entdeckt worden. Neben den Flugschreibern und zahlreichen anderen Flugzeugteilen hat das Bergungsteam in den vergangenen Tagen auch zwei Leichen an die Meeresoberfläche geholt.

Derzeit wird geprüft, ob sie mit Hilfe von DNA-Proben noch identifiziert werden können. Wenn nicht, gebe es keinerlei Grund, weiter die Ruhe der Toten zu stören, sagte Staatsanwalt Jean Quintard bei der Pressekonferenz in Le Bourget. Rund 50 Leichen wurden bislang auf dem Meeresboden entdeckt. Direkt nach dem Unglück vor zwei Jahren waren ebenso viele auf dem Wasser treibende Opfer geborgen worden.

Die Hinterbliebenen sind geteilter Meinung über weitere Bergungsversuche. Er halte es für menschenunwürdig, mit Greifarmen Leichenteile einsammeln zu lassen, sagte Gans. Er könne es aber auch verstehen, wenn andere ihre Angehörigen bestatten wollten.

Die Flugschreiber wurden von der Unglücksstelle im Atlantik in versiegelten Boxen nach Frankreich transportiert. Um sie vor Korrosion zu schützen, lagen die orangefarbenen rohrförmigen Geräte in demineralisiertem Wasser. In den nächsten Tagen werden sie von Experten getrocknet und gereinigt. Dann stehen die mit Spannung erwarteten Funktionstests und erste Ausleseversuche an.

Der Flugdatenschreiber registriert zahlreiche Parameter wie Höhe, Neigungswinkel der Maschine und Triebwerkseinstellungen. Der Stimmenrekorder nimmt während des Flugs alle Gespräche und Geräusche im Cockpit auf. Diese Informationen seien unabdingbar, um das Unglück vollständig aufzuklären, betonte BEA-Chef Troadec.

Für die meisten Hinterbliebenen wird der Untersuchungsausgang keine direkte Bedeutung haben. Die deutsche Angehörigen haben sich mit Air France und den Versicherern bereits auf Entschädigungszahlungen geeinigt - sie mussten sich aber verpflichten, über die Beträge Stillschweigen zu bewahren. „Es sind absolut bescheidene Summen“, sagte Gans am Donnerstag.

Die Bergungsaktion mehr als 1000 Kilometer vor der Küste Brasiliens soll noch bis Anfang Juni fortgesetzt werden, um vor allem weitere Wrackteile an die Meeresoberfläche zu holen. Die Justiz werde dann in den kommenden Monaten alles dafür tun, um zu klären, wer für die Katastrophe verantwortlich ist, versicherte Staatsanwalt Quintard. (dpa)