Die Hinterbliebenen der 228 Opfer, darunter zwei Frauen aus Hamburg, rätseln weiter über das Unglück. Air France verspricht Aufklärung.

Paris. Ein Jahr nach dem mysteriösen Absturz einer Air-France-Maschine über dem Atlantik sind rund 1100 Angehörige der 228 Opfer in Paris zu einer privaten Trauerfeier zusammengekommen. Die Hinterbliebenen, darunter auch einige Deutsche , versammelten sich am Dienstag zunächst im Parc Floral, um der Toten zu gedenken. Auf dem Friedhof Père Lachaise wurde anschließend ein transparentes Mahnmal enthüllt, in das 228 Schwalben eingraviert sind. An ihm legten die Angehörigen in aller Stille Blumen nieder. Der Airbus A330 befand sich auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris, als er abstürzte.

Die Hinterbliebenen müssen auch ein Jahr nach dem Unglück in Ungewissheit über das genaue Schicksal ihrer Angehörigen leben. Das Wrack bleibt verschwunden, die Ursache der Katastrophe rätselhaft. Lediglich 51 der 228 Opfer wurden nach dem Absturz am Pfingstmontag tot im Wasser entdeckt, von den 28 Deutschen im Flugzeug waren es sechs. Viele der Angehörigen beklagen die langsame Aufklärung der Katastrophe.

Unter den deutschen Opfern kamen zwei aus Hamburg - Daniela Arendt (38) aus Hoheluft und Katja Reichl (24) aus Barmbek hatten in Brasilien Urlaub gemacht. Außerdem waren ThyssenKrupp-Steel-Vorstandsmitglied Erich H., "König der Löwen"-Tänzerin Juliana de A. und der Potsdamer Architekt Moritz K. an Bord er Unglücksmaschine.

Nach Angaben der französischen Ermittler war der Ausfall der Geschwindigkeitsmesser „ein Faktor“ bei dem Unglück, aber nicht die alleinige Ursache. Trotz dreier monatelanger Suchphasen im Atlantik wurden die Flugschreiber der Maschine vom Typ Airbus A330-200 bis heute nicht gefunden.

Die Gedenkfeier fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Veranstaltungszentrum südöstlich von Paris statt. Dabei wurden nacheinander die Namen aller 228 Opfer verlesen. Eine Frau erlitt laut Teilnehmern einen Zusammenbruch. Am Nachmittag wurde ein Denkmal für die Opfer auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise enthüllt. Es sieht genauso aus wie eine Stele für die Opfer in Rio de Janeiro; auf durchsichtigem Untergrund sind 228 Schwalben zu sehen. Eine Miniatur-Ausgabe der Stele konnte jeder Angehörige mit nach Hause nehmen.

Die Gedenkfeier habe sie „berührt“, sagte die deutsche Angehörige Barbara Crolow, deren Sohn bei dem Absturz starb. Sie persönlich hätte sich aber einen etwas feierlicheren Rahmen als eine „funktionale Mehrzweckhalle ohne Blumen“ gewünscht. „Fast unerträglich“ sei es für sie gewesen, dass Air France, „die den Unfall mitverursacht hat“, bei der Veranstaltung den firmeneigenen Chor auftreten ließ. Andere Angehörige sprachen aber von einem „ansprechenden Rahmen“, der dem Ereignis gerecht geworden sei.

Frankreichs Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau versprach den Angehörigen eine Fortsetzung der Suche nach den Flugschreiber. „Ich kann Ihnen garantieren, dass wir nicht aufgeben werden“, sagte er bei der Veranstaltung. „Ich habe Ihren Wunsch gehört, die Wahrheit über die Ursachen dieses Dramas zu erfahren. Er ist deutlich und legitim. Wir haben die Pflicht, die Wahrheit zu suchen, koste es was es wolle.“

Bussereau versicherte, dass weiter nach dem Wrack und den Flugschreibern gesucht werde. Die französischen Flugunfallermittler sollen die Analyse der Meeresströmungen im Atlantik und die Auswertung der bisherigen Untersuchungsergebnisse wieder aufnehmen, um das Wrack und die Flugschreiber doch noch aufzuspüren. „Sie sind der Schlüssel, um die Gründe des Dramas zu verstehen“, sagte der Staatssekretär.

Einige Vertreter der Angehörigen zweifelten jedoch an dem Aufklärungswillen der beteiligten Firmen und der französischen Behörden. Air France, Airbus und der französische Sondenhersteller Thales wollten die Wahrheit „nicht herausfinden“, sagte der brasilianische Opfervertreter Nelson Faria Marinho. Die französische Ermittlungsbehörde BEA habe bis heute nichts zur Aufklärung beigetragen.

Auch die deutschen Angehörigen würden es nicht hinnehmen, wenn „der Unfall kleingeredet und nicht richtig aufgeklärt“ werde, sagte Winfried Schmidt von der deutschen Opfer-Organisation HIOP AF447. Ihre Vertreter hatten Air France und Airbus sowie den Aufsichtsbehörden schon am Montag schwere Versäumnisse vorgeworfen. Aus ihrer Sicht war der Ausfall der Tempo-Sonden aufgrund früherer Störungen vorhersehbar. Den französischen Staat wollen die deutschen Angehörigen verklagen, weil er eine EU-Richtlinie zur Flugsicherheit nicht in nationales Recht umgesetzt habe, die eine Meldung solcher Zwischenfälle an die europäischen Aufsichtsbehörden vorsieht.