Was können kirchliche Schulen anders machen als staatliche? Wie religiös ist der Schulalltag? Schwester Christel Peters, Leiterin der katholischen Sophie-Barat-Schule, antwortet.

ABENDBLATT: Was kann eine kirchliche Schule anders machen als eine staatliche?

SCHWESTER PETERS: Wir müssen nach den gesetzlichen Vorgaben gleichwertig sein, aber nicht gleichartig . Lehrpläne und Prüfungen entsprechen denen der staatlichen Schulen. Freiheiten haben wir aber in der Gestaltung. Unsere Schüler können zum Beispiel mehr und andere Praktika machen. Vor allem aber sind wir frei in der Besetzung der Lehrerstellen. Wir bekommen keine Lehrer zugewiesen, sondern können verschiedene Schwerpunkte setzen und sehen, ob ein Bewerber zu unserer Schule passt. Dann können wir eine Probezeit vereinbaren. Das hat sich sehr bewährt.

ABENDBLATT: Was verlangen Sie denn von einem Bewerber?

SR. PETERS: Er oder sie muss ganz klar hinter den christlichen Zielen der Schule stehen. Wir haben in der Mehrzahl katholische Kollegen, aber auch evangelische, mit denen wir sehr gern zusammenarbeiten.

ABENDBLATT: Werden bei Ihnen Lehrerstellen gestrichen?

SR. PETERS: Die Lehrerzahl hängt von der Größe der Schülerschaft ab. Wir haben 1070 Schülerinnen und Schüler, sind eins der größten Hamburger Gymnasien, und die Zahl ist seit Jahren steigend. Damit steigt auch die Lehrerzahl. Im Moment sind es rund 80 Kolleginnen und Kollegen. Für die Pensionäre rücken jüngere nach, deshalb haben wir auch das Problem der Überalterung nicht. Das Verhältnis von männlichen und weiblichen Kollegen ist ausgeglichen. Das war früher anders, als es noch eine Mädchenschule war. Seit 1982 ist sie koedukativ.

ABENDBLATT: Nach Pisa wird von den Schulen mehr Leistung, mehr Differenzierung gefordert. Wer gute Bildung will, soll auch mehr dafür zahlen. Sehen Sie sich unter Druck?

SR. PETERS: Es gehört zu unserem Bild vom Menschen, dass jeder seiner Begabung entsprechend gefördert wird, ob sie nun handwerklich, intellektuell oder musisch ist. Deshalb hat Leistung - der Grundsatz "das Beste geben, das ich habe" -, bei uns immer dazugehört. In unserem Schulprogramm wird auf den sozialen Gedanken, etwa Sozialpraktika, wie auch den musischen Bereich großer Wert gelegt. Angegliedert an die Schule ist zum Beispiel die KsJ (kathol. studierende Jugend), in der die Jugendlichen soziale Aufgaben übernehmen, Zeltlager organisieren, Demokratie einüben.

Unser Problem ist aber jetzt: Das normale Lernpensum muss wegen der Verkürzung der Schulzeit in mehr Wochenstunden bewältigt werden. Das hieße für einen Siebtklässler 34 Wochenstunden, dazu Zeit für Hausaufgaben - ein Arbeitnehmer hat 37,5 Wochenstunden. Wie können die Schüler diese schulbegleitenden Initiativen künftig aufrechterhalten?

Wir können noch nicht sagen, wie das neben dem verlangten Lernpensum möglich sein wird.

ABENDBLATT: Welche Rolle spielt Religion an der Schule?

SR. PETERS: Die Schüler sollen kennen lernen, dass Glaube zum Leben gehört, dass er ihnen hilft, das eigene Leben zu deuten und sich zu entscheiden. Pro Klasse sind zwei Religionsstunden pro Woche verpflichtend, anders als in staalichen Schulen. Wir haben nicht nur katholische, sondern auch evangelische und nichtchristliche Schüler. Sie werden nicht in etwas hineingepresst, hier wird nicht auswendig gelernt, was der Papst sagt. Wir stellen ihnen ein Modell vor. Sie hören auch andere Standpunkte, z.B. beim Thema Abtreibung. Entscheiden müssen sie selbst.

ABENDBLATT: Wozu möchten Sie die Schüler ausbilden?

SR. PETERS: Dazu, dass sie als Christen zu einer gelingenden Gesellschaft beitragen, für sich und für andere. Wir möchten, dass sie ihre Freiräume nutzen, aber auch Verantwortung übernehmen und sich nicht einfach vereinnahmen lassen. Wir haben ca. 40 AGs. In der AG "Computerkomponenten" zum Beispiel bauen sie aus alten PCs neue zusammen; wer das gemacht hat, fühlt sich dieser Technologie nie unterlegen.

ABENDBLATT: Was erwarten Sie von den Eltern?

SR. PETERS: Die Eltern tragen die Schule aktiv mit und halten sie an entscheidenden Punkten auf Trab. Wir haben seit mehr als 30 Jahren eine Kantine für die Schüler - in Elternregie. Eltern helfen beim Renovieren der Schule und organisieren Projekttage. Es gehört zu unserem Konzept, Schüler von beiden sozialen Rändern aufzunehmen. Was zählt, ist der gemeinsame Einsatz.

ABENDBLATT: Wird jeden Morgen gebetet?

SR. PETERS: Ja, und dazu haben die Schüler ein eigenes Gebetbuch gemacht. Es muss nicht jeder gläubig sein. Aber wir erwarten Toleranz und Interesse an Glaubensfragen.

Interview: IRENE JUNG/ANN-BRITT PETERSEN