An drei Harburger Orten können Obdachlose den Winter in Wohn- containern verbringen. Das Angebot wird gern angenommen.

Stefan sitzt auf der Bettkante und bindet sich die Stiefel zu. Sonntagnachmittag, kurz vor drei. Zeit zum Losgehen. Stefan (27) steht auf und klopft an die gegenüberliegende Tür des engen Containers. "Fred", sagt er laut, "bist du so weit? Nun komm!"

Jeden Sonntag um 15 Uhr haben die beiden Männer, die seit ein paar Wochen in dem hellen Mietcontainer neben der Kirche St. Petrus an der Haakestraße 98 leben, einen wichtigen Termin: Sie werden nebenan im Gemeindezentrum erwartet, zu einem großen Stück Schlagsahne-Torte und kräftig riechendem Kaffee. Die Gedecke stehen schon auf dem Tisch. Dirk hat wie immer den Kuchen besorgt, den Kaffee gekocht.

Auch Mae, Psychologiestudentin aus Harburg, sitzt am Tisch. Fred ist etwas spröde, aber nur zuerst. Stefan kommt gleich aus sich raus. Er ist in Rosenheim geboren, bei den Großeltern aufgewachsen, viel rumgekommen in Süddeutschland und Österreich. Bis nach Salzburg. Nach Hamburg kam er, weil er mal einen Lkw bis zum Freihafen fuhr.

Und dann ist er hier geblieben. Von Anfang an ohne Wohnung, ohne festen Job. Von Sozialhilfe hält er gar nix: "Wenn man drei Mal da rausgeflogen ist, dann geht man nicht wieder hin." Lieber verkauft er die Obdachlosenzeitung, auch andere Zeitungen, meist gegen Mitternacht am Hauptbahnhof. Das reicht zum Leben, mit dem Schlafen im Freien hat er sich arrangiert.

Fred stammt aus Flensburg und ist schon seit Jahren "auf Platte". Begeisterter Kinogänger, surft jeden Tag im Internet, so lange, wie das Geld reicht. Auch er würde nicht "zur Sozi" gehen. Aber als sich die Chance bot, die kalte Jahreszeit im Container des Winternotprogramms zu schlafen, hat er zugriffen. Wegen der Gesundheit. Auf den Schiffen in Neumühlen oder im Pik Ass würde er nicht (wieder) übernachten.

Mit Kirche haben beide sonst nichts im Sinn, sagen sie. "Im Gottesdienst hab ich beide noch nicht gesehen", gibt auch Pastor Christoph Borger zu. Macht nichts. Und im Übrigen - vielleicht stimmt das auch nicht ganz. Stephan fragt Dirk, der Tischler ist, ganz beiläufig, ob er ihm nicht ein kleines Holzkreuz bauen könnte. Er zeigt die Größe mit der Hand. "Für den Container? Für dich?", fragt Dirk. "Für 'nen Freund", sagt Stefan.

Dirk und Mae machen beim Winternotprogramm als ehrenamtliche Helfer mit. "Man muss doch helfen, ich finde das wichtig", sagt Mae. Und Dirk weiß, wie sich die beiden Männer aus dem Container fühlen. Er war früher drogenabhängig, bekam die Chance zum Entzug, hatte selbst seine Wohnung verloren. Er hat sich wieder gefangen. "Vielleicht kann das ja auch für unsere beiden hier ein Signal sein", sagt er.

Katharina Seiler-Neufert, Leiterin des Diakonischen Werks Harburg, sagt: "Vielleicht machen im nächsten Winter ja noch mehr Gemeinden mit. Schön wäre es." Und wer als Ehrenamtlicher mithelfen möchte, kann sich bei ihr melden: Tel. 766 04 147.