In der evangelischen Bugenhagen-Schule lernen behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam.

Auf dem Pausenhof toben Kinder, manche rennen, andere bewegen flink ihre Rollstühle. Ein normales Bild an der Bugenhagen-Schule der evangelischen Stiftung Alsterdorf: Hier lernen behinderte und nichtbehinderte Kinder zusammen. "Unsere Auffassung von Schule richtet sich nach dem christlichen Menschenbild, das niemanden wegen bestimmter Merkmale aussondert", sagt Schulleiter Hartmut Wahl. Diese Toleranz will die Schule auch ihren Schülerinnen und Schülern vermitteln. Die Ganztagesschule besteht aus einer staatlich anerkannten integrierten Grundschule sowie einer integrierten Gesamtschule mit Haupt- und Realschulabschluss. Für Kinder mit Lernschwierigkeiten gibt es eine Förderschule.

Doch die Grenzen der Schulzweige sind fließend: In Projekten wie dem Werkstatt-Unterricht arbeiten alle Kinder einer Jahrgangsstufe zusammen. Klassen- und fächerübergreifend bearbeiten sie ein Thema, zum Beispiel "Wüste", und jeder Schüler übernimmt einen Aspekt - in Geographie oder Biologie oder Religion. "Wir wollen das komplexe Denken fördern, wie es unserer realen Welt entspricht", erklärt Schulleiter Wahl.

Großer Wert wird auf selbstständiges Arbeiten gelegt. Die Schüler teilen sich die Aufgaben untereinander und übernehmen in ihrem Gebiet die Verantwortung. Dabei sind die Lehrer besonders gefordert: Sie müssen sowohl das hoch begabte wie auch das Förderschulkind motivieren. "Das ist nicht immer einfach", sagt Religionslehrer Matthias Weigmann, "doch wir nehmen uns aller Kinder gleich an."

Vor 135 Jahren gründete Pastor Heinrich Matthias Sengelmann die Bugenhagen-Schule als Heimsonderschule für lern- und geistig behinderte Jugendliche, die in Alsterdorf lebten. Heute ist die Schule offen für alle Schüler. Als Schule in privater Trägerschaft hat sie Freiheiten gegenüber staatlichen Schulen. "Unsere Abschlüsse sind gleichwertig, die Methoden unterschiedlich", so Hartmut Wahl. Zum Beispiel können Stunden zusammengezogen werden. Und bis zur 7. Klasse gibt es statt Zensuren-Zeugnissen ausführliche Beurteilungen zu Stärken und Schwächen in jedem Fach. "Damit wird jeder Schüler in seiner individuellen Entwicklung gestärkt", sagt Rektor Wahl.

Die Bugenhagen-Schule ist staatlich anerkannt, muss aber einen Teil des Etats selbst erwirtschaften. Pro Kind wird ein monatliches Schulgeld von 76 Euro pro Kind und 46 Euro für das Mittagessen erhoben. Eltern mit knappen Mitteln bekommen eine Ermäßigung.

Susanne Grieb-Meyer, Mutter einer 13-jährigen Tocher: "Meine Tochter geht jetzt in die 7. Klasse. Sie hat eine Körperbehinderung und eine verlangsamte Wahrnehmung, ist aber geistig fit. Sie möchte, dass man sie so annimmt, wie sie ist. Das gelingt hier; aber sie musste selber auch erst mal lernen, andere behinderte Kinder zu akzeptieren."

Deniz Djoz-Ramezani (14), 6. Klasse: "Ich war erst auf dem Gymnasium. Aber hier kümmern sich die Lehrer mehr um uns. Es herrscht mehr Respekt, auch unter den Schülern, und wir haben kaum Probleme mit Gewalt und Drogen. Der Schulgottesdienst ist Pflicht, auch für mich als Muslimin. Ich muss nicht beten, singe die Lieder aus Höflichkeit mit."

Carsten Bonse (16), 10. Klasse: "Das Gute ist, dass wir unsere Hausaufgaben schon in der Schule erledigen können und zu Hause selten noch was machen müssen. Wir sind von morgens acht bis halb vier in der Schule. Nachmittags haben wir viele AGs, können wählen zwischen Sport oder Freizeitthemen wie Fotografieren. Wir haben PCs, Internetzugang, TV- und Digitalkameras."