Michael James Hagan kämpft in Südafrika wie David gegen Goliath: gegen die Unwissenheit über Aids.

Nicht, dass Michael James Hagan nicht lächeln könnte. Sein Gesicht zeugt von großer Freundlichkeit und Milde. Das passt zu dem Verständnis, das er seinen Schützlingen gegenüber aufbringt, zu der Geduld, die er mit ihnen hat, zu der Hoffnung, die er in sie steckt.

Aber von Lächeln keine Spur. Wenn er von seinem Projekt spricht, seiner Aufgabe, seiner Mission, ist der Blick entschlossen, die Züge werden energisch. Aids lässt eben keinen Raum für Heiterkeit. Die neue Geißel der Menschheit, von der weltweit 40 Millionen betroffen sind, braucht Leute, die handeln und helfen. Leute wie Michael James Hagan.

Der südafrikanische Hochschulpfarrer und Jugendseelsorger der Südafrikanischen Bischofskonferenz hat jetzt bei seinem Besuch im Erzbistum Hamburg von seiner Arbeit berichtet. "28,1 Millionen Menschen in Afrika sind infiziert, pro Tag sterben 8000 Menschen auf diesem Kontinent an Aids, und 11 000 infizieren sich neu", sagt er. "Und das Schlimmste: Jede Minute stirbt ein Kind!"

Unter den Studenten seines Landes seien 45 bis 50 Prozent infiziert. "Das heißt, die Hälfte von ihnen wird an Aids sterben", sagt Hagan. Viele von ihnen seien sich nicht im Klaren darüber, dass ihre Krankheit unweigerlich zum Tod führt.

Zu den Hauptgründen, warum die Zahl der HIV-Infizierten in Afrika explodiert, gehört die Unwissenheit über die Ursachen der Krankheit; dazu kommt ein Wirtschaftssystem, sagt Hagan, das die Verbreitung der Pandemie fördert; und eine Mentalität, die den Nährboden bildet für Promiskuität. Überall im Süden Afrikas bedingt das Wirtschaftssystem, dass die Männer getrennt von ihren Frauen in den Städten arbeiten; dort besuchen sie Prostituierte und infizieren sich bei ihnen mit HIV. "Und wenn sie dann zu Besuch nach Hause in ihre Dörfer kommen, stecken sie ihre Ehefrauen an."

Hagan spricht auch ganz offen darüber, dass die Auffassung "Ein Mann hat nicht nur eine Frau" noch weit verbreitet sei. Und die Frauen könnten sich nicht durchsetzen, wenn sie sich vor ihrem infizierten Mann schützen wollen. "Dies alles ist eine Herausforderung für die Gesellschaft und für die Kirche", sagt Hagan. "Das Problem ist aber nur ganzheitlich zu lösen."

Als Hochschulpfarrer veranstaltet er Workshops mit dem Ziel der Prävention: "Wir haben ein Vorbeugeprogramm entwickelt, das die so genannte A-B-C-D-Kampagne fördert." A steht für Abstinenz - u. a. von Kriminalität und unverantwortlichem Sexualverhalten; B für Treue ("be faithful") zu sich selbst, seinem Körper, seiner Familie, Freunden und Gesellschaft; C für "Wechsel" ("Change your lifestyle"); und D für Gefahr ("Danger"), in Kriminalität oder Drogensucht abzurutschen und irgendwann an Aids zu sterben. Die Studenten reagieren betroffen, nachdenklich", sagt Hagan. "Und dann sagen sie: Das wird mit mir nicht geschehen."

Und wie wird Hagan selbst damit fertig, täglich den Tod mitanzusehen? "Man muss sich austauschen, in einer Art Supervision. Und in unserer religiösen Gemeinschaft tun wir viel gemeinsam, wir reden viel." Er würde gern "mehr tun können gegen Armut und Obdachlosigkeit". Was ihn stärkt, ist die Hoffnung, dass es eines Tages besser wird.