Weihnachten: Krippen aus Italien. Im Museum für Völkerkunde zeigen Künstler aus Neapel und Kampanien ihre Kunst.

Am Rande der Szenerie liegt Jesus in einem Trog aus Holz. Maria und Josef beugen sich über das neugeborene Kind. Doch das Dutzend Figuren, das die dörfliche Kulisse dominiert, scheint die Ankunft von Gottes Sohn kaum zu bemerken. Unter herabhängenden Schinken werden Früchte und Käse umhergetragen. Ein Marktweib diskutiert mit erhobenem Arm. Esel und Gans laufen über den Platz. Alessandro Martinisi stellt die Geburt Christi mit einer farbenfrohen Krippe im neapolitanischen Stil des 19. Jahrhunderts dar. Aus Kork, Holz, Terrakotta und Naturmaterialien schuf der Künstler aus dem italienischen Aprilia im Jahr 2005 ein mediterran-rustikales Ambiente, in dessen Peripherie er Jesus zur Welt kommen läßt. Das scheint realistisch. Denn die junge Familie war arm und auf der Flucht.

Mit über 30 Werken zeigt das Museum für Völkerkunde, wie lebendig die Krippenkunst noch heute in Kampanien und Neapel ist. Die 29 ausstellenden Maler, Bildhauer, Schneider und Porzellanverzierer repräsentieren je eine Schule aus diesem Zentrum der Krippentradition.

Die religiöse Erinnerungskultur hat ihre Ursprünge im 13. Jahrhundert: Seit Franz von Assisi 1223 die Geburtsszene nachgebaut hat, hat sich deren Bildsprache kontinuierlich weiterentwickelt. Schafe und Ziegen beleben die Landschaft, die Figuren erhalten bewegliche Gliedmaßen, die Darstellung gewinnt durch den Bau von Stufen an räumlicher Tiefe.

Einen Popularitätsschub erhielt das Kunsthandwerk während der Regierungszeit Karls III. von Bourbon im 18. Jahrhundert. Weit vor Weihnachten wandelte sich sein Schloß in Neapel in eine "Krippenfabrik". Das Design der Puppen hatte Priorität - und hielt Bühnenbildner und Künstler in Atem. Der Trend ging zu spektakulären Inszenierungen, in denen Alltagssituationen ebenso in die Geschichte des Evangeliums integriert wurden wie Persönlichkeiten der Zeit. Um auf diese historischen Wurzeln zu verweisen, präsentiert das Museum für Völkerkunde auch ein Arrangement aus dem 19. Jahrhundert - eine großformatige Krippe aus der Wallfahrtskirche von Montevergine.

Doch im Schwerpunkt dokumentiert die Schau, wie die Kunst - von Generation zu Generation weitergetragen - in der Gegenwart angelangt ist. Neben der Technik des Settecento, die Holz für die Glieder mit Ton für den Kopf und Glas für die Augen kombiniert, sind Silberminiaturen und Kreationen aus Wachs zu sehen. Zudem beweisen die Künstler Sinn für Provokation - etwa, wenn die Werkstatt La Scarabattola einen Teufel in christlicher Kulisse versteckt.

  • Museum für Völkerkunde, bis 29.1.06. Katalog: 5 Euro .