Vielen Hamburgern sind sie längst ein Begriff: die Schlumper. In diesem Jahr feiert die vielbeachtete Gruppe von Malerinnen und Malern aus Hamburg mit geistigen Behinderungen ihr 25. Jubiläum. Zeit für die Kunsthalle, ihr eine umfangreiche Retrospektive zu widmen, mit über 100 Werken, überwiegend Gemälden, von 21 Künstlern.

Rolf Laute, geistiger Mentor der Schlumper und Sohn eines ehemaligen Verwaltungsleiters der Alsterdorfer Anstalten, war der Umgang mit geistig Behinderten gleichsam in die Wiege gelegt. Ihm ist es zu verdanken, daß aus einem erfolgreich verlaufenden Kunst-am-Bau-Projekt mit Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung die Künstlergruppe "Die Schlumper" entstanden ist. Basierend auf dem 1993 gegründeten Arbeitsprojekt "Schlumper von Beruf", arbeiten heute 24 Künstler Vollzeit in der Galerie und Werkstatt im Kulturzentrum Schlachthof an der Feldstraße. Ihren Namen verdanken die Schlumper im übrigen dem Stadthaus Schlump, ehemals Außenstelle der Alsterdorfer Anstalten und erste Werkstätte der Künstlergemeinschaft.

Die europäische Avantgarde hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Gestaltungspotential sowohl von Geisteskranken als auch von geistig Behinderten für sich entdeckt. Künstler wie Psychologen, Laien wie Wissenschaftler waren fasziniert von den intensiven und unmittelbar gelebten Bildern ihrer Autoren. Stets tauchte dabei eine große Verwunderung auf, die in einem staunenden "Das sieht doch aus wie . . .!" gipfelte. Was folgte, waren Namen bekannter Künstler, mit denen das Gesehene verglichen wurde.

Auch bei den Werken der Schlumper liegen solche Vergleiche nahe. Doch verhält es sich eher umgekehrt. Die Kunst geistig Behinderter ist selten von zeitgenössischer Kunst inspiriert. Sie fließt aus der eigenen Quelle, aus Empfindungen oder erlebten Erfahrungen, wie etwa die zur Ikone avancierte "Alsterdorfer Passion" von Werner Voigt, in der seine Leiden als Patient in den Alsterdorfer Anstalten zum Ausdruck kommen.

Was stets von neuem erstaunt, ist die Bandbreite der ausgestellten Bilder. Minutiös zeichnerische Grafik steht neben in Farben schwelgender Malerei. Weltliche Themen kontrastieren mit religiösen Inhalten. Konstruktivistische Malerei steht neben narrativen Schautafeln. Etliche ihrer Urheber sind bereits gestorben, andere noch aktiv, weitere neu hinzugekommen. So ist die Schau beides: Rückblick auf die Entwicklung einer Künstlergemeinschaft seit 1980 bis heute und Ausblick auf eine kreative Zukunft. Ein Film von Lars Matzen über die Künstler, "o.T. mit drei Schlumpern", wird am 22. Januar um 11 Uhr gezeigt.

  • Kunsthalle, 25.11.05-29.1.06, Katalog 14,80 Euro.