Ernst Barlach Haus: Die frühen Landschaften von Christian Rohlfs. Eine Schau präsentiert 50 Gemälde und Pastelle, die zwischen 1880 und 1900 entstanden sind.

"Unser Trost, wenn von Trost heute überhaupt gesprochen werden dürfte, liegt in dem Bewußtsein der Unvergänglichkeit der Zeugnisse seines reichen Lebens", schrieb der Bildhauer und Dichter Ernst Barlach an Helene Rohlfs zum Tode ihres Mannes Christian Rohlfs (1849-1938). Dieser Brief, der kürzlich als Geschenk ins Ernst Barlach Haus kam, ist Auftakt der jetzigen Ausstellung "Zauber des Banalen - Christian Rohlfs. Die frühen Landschaften".

Die Schau präsentiert 50 Gemälde und einige Pastelle aus Christian Rohlfs Frühwerk, das im Gegensatz zu seinen späteren expressionistischen Arbeiten bisher wenig bekannt ist.

Die meisten der ausgestellten Bilder zeigen Weimar und Umgebung, die Stadt, in der der Maler fast ein Drittel seines Lebens verbrachte. Zum Malen kam der in Niendorf bei Segeberg als jüngster Sohn eines Kleinbauern geborene Rohlfs infolge eines Unfalls. Zwei Jahre lang war er an das Krankenlager gebunden, nachdem er 1864 von einem Baum gestürzt war. Der behandelnde Arzt, ein Schwager des Dichters Theodor Storm, bedachte den jungen Mann zum Zeitvertreib mit Malutensilien.

1870 gelangte Rohlfs durch Empfehlung des Berliner Malers und Kunstkritikers Ludwig Pietsch an die Großherzogliche Akademie in Weimar- in die Stadt, in der er fast ein Drittel seines Lebens verbrachte. Doch Rohlfs' Leiden verschlimmerte sich, und so mußte er seinen Aufenthalt schon bald wieder unterbrechen. Er kam in eine Klinik nach Jena, zwei Jahre später verlor er sein rechtes Bein durch Amputation. Erst 1874 konnte Christian Rohlfs mit seinen eigentlichen Studien in Weimar beginnen.

Die Akademie zeichnete sich zu jener Zeit durch eine fortschrittliche Ausbildung aus, der Realismus hatte sich durchgesetzt und gegenüber dem Historien- und Genrefach den Vorrang erlangt. Junge Lehrer wie Franz Lenbach und Arnold Böcklin vermittelten die neue Kunstauffassung; das Naturstudium wurde festgeschrieben. In seiner frühen Weimarer Zeit widmete sich Rohlfs im Schulatelier der Figuren- und Genremalerei, 1883 entschied er sich, Landschaften zu malen. Schon zuvor hatte Rohlfs Landschaftszeichnungen geschaffen, diese jedoch zumeist nicht in Gemälde umgesetzt.

Fortan galt sein intensives Interesse der Weimarer Umgebung. Meisterlich erfaßte er in Bildern die Eigenheiten der Jahreszeiten. Er schuf aufgelockerte, bewegte Farbflächen, Spiele von Licht und Schatten, die seine Arbeiten ungewöhnlich modern erscheinen lassen.

"Rohlfs bricht - beeindruckt durch die französischen Impressionisten - mit den Traditionen der konventionellen Akademie und geht raus. Matschigen Feldwegen, menschenleeren Alleen - in damaligen Augen banale, unwürdige Motive - wendet er sich so zu, daß er ihnen Zauber abgewinnt", sagt Dr. Sebastian Giesen, Leiter des Ernst Barlach Hauses. Die Schau zeugt davon. Zur gleichen Zeit zeigt die Kunsthalle zu Kiel eine Ausstellung, die Gemälde von Rohlfs nach1900 versammelt.

  • Ernst Barlach Haus, Baron-Voght-Str. 50a, 11.12.05-5.3.06, di-so 11-18 Uhr, montags sowie am 24. und 31.12. geschlossen. Öffentliche, kostenlose Führung so, 11 Uhr, Katalog 22,50 Euro. In der Reihe "Klang & Form" lädt das Ernst Barlach Haus ein: 29.1.06 "Von Neapel nach Venedig", Barockmusik mit dem Ensemble "Il Suono del Legno"; 26.2.06 "Ciel, Air et Vent", Kammermusik, Beginn jeweils so, 18 Uhr, Einlaß ab 17.30 Uhr, Karten-Tel. 82 60 85.