Volles Elterngeld gibt es nur, wenn Mutter und Vater Elternzeit nehmen. Dies sei zulässig und verhindere eine zu sehr einseitige Rollenverteilung.

Karlsruhe. Volles Elterngeld gibt es nur, wenn sich beide Elternteile um die Erziehung kümmern. Greift der Staat damit zu sehr ins Familienleben ein? Das Bundesverfassungsgericht wollte sich mit solchen Bedenken gar nicht erst näher beschäftigen. Das Bundesverfassungsgericht hat die sogenannten Vätermonate beim Elterngeld indirekt bestätigt. Demnach wird das Elterngeld nur dann für volle 14 Monate gezahlt, wenn sowohl die Mutter als auch der Vater Elternzeit für die Kinderbetreuung in Anspruch nehmen. Dabei sehen die Richter keine Anhaltspunkte für einen unzulässigen Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Eltern, folgt aus einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss (Az. 1 BvL 15/11).

Auch die frisch gebackene Mutter Kristina Schröder will neue Vorschläge auf diesem Gebite machen: Zu künstlicher Befruchtung und zum Elterngeld. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte in Karlsruhe angefragt, ob die Elterngeldregelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Sozialrichter meinten, dass der Gesetzgeber zu sehr in die innere Aufgabenverteilung der Familie eingreife. Elterngeld wird nur dann für 14 Monate gezahlt, wenn auch der andere Elternteil – meist der Vater – für mindestens zwei Monate in Elternzeit geht.

+++ Jeder vierte Hamburger Vater bezieht Elterngeld +++

Die Karlsruher Richter schmetterten die Anfrage als unzulässig ab - das Sozialgericht hätte ihrer Ansicht nach selbst gründlicher prüfen müssen, ob die Regelungen zulässig sind, bevor es die Frage nach Karlsruhe weiterreicht. Zugleich machten die Verfassungsrichter aber deutlich, dass sie selbst keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vätermonate haben. Die „Vätermonate“ dienten dem Ziel, eine einseitige Rollenverteilung in der Familie zu verhindern. Das Landessozialgericht habe sich „nicht hinreichend“ mit dem Verfassungsauftrag auseinandergesetzt, „die Gleichberechtigung der Geschlechter in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen und überkommene Rollenverteilungen zu überwinden“.

Zur Verdeutlichung stellten die drei Verfassungsrichter der Kammer selbst entsprechende Überlegungen an: So könnten die „Vätermonate“ dazu beitragen, gesellschaftliche Vorurteile abzubauen. Auch könnten die geringeren Aufstiegschancen von Frauen im Beruf teilweise ausgeglichen werden, wenn zunehmend auch Männer von ihrem Anspruch auf Elternzeit Gebrauch machten. Im konkreten Fall hatte eine Mutter geklagt, weil sie alleine für 14 Monate Elterngeld wollte. Ihr Sohn brauche besondere Unterstützung, weil er eine Frühgeburt war. Deshalb habe sie mit ihrem Mann vereinbart, dass sie sich die ganze Zeit um den Sohn kümmere. Das Landessozialgericht hatte das Verfahren ausgesetzt und Karlsruhe die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Regelung vorgelegt. Nach der Karlsruher Entscheidung bleibt es nun dabei, dass die Frau nur Anspruch auf Elterngeld für 12 Monate hat.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) betonte am Mittwoch nach der Rückkehr aus ihrer Babypause, am Elterngeld werde „nicht gerüttelt“. Zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wollte das Familienministerium jedoch nicht direkt Stellung nehmen. Vergangene Woche hatte das Ministerium bekannt gegeben, dass immer mehr Väter die Elterngeld-Regelung nutzen. Demnach bakam fast jeder vierte Vater (24,4 Prozent) der im ersten Quartal 2010 geborenen Kinder Elterngeld, gegenüber 23 Prozent im Jahr zuvor. Im Jahr 2007 betrug der Anteil lediglich 15,4 Prozent. (dpa)