Hannover. Der politische Wechsel hat einen Preis: Nach 13 Jahren SPD-Regierung wird die neue schwarz-gelbe Landesregierung nicht nur die Staatssekretäre in den einstweiligen Ruhestand schicken. Auch in Abteilungsleitungen, Landesämtern und den vier Bezirksregierungen wird es zahlreiche Wechsel geben. Als Hochrechnungen am Wahlabend sogar eine knappe absolute CDU-Mehrheit möglich erscheinen lassen, reagiert CDU-Spitzenmann Christian Wulff betont vorsichtig. Er sagt sogar, er könne sich vorstellen, dennoch zu koalieren. Verständlich: Wulff fürchtet nichts mehr als Erpressbarkeit durch einzelne CDU-Abgeordnete, die in einer knappen Alleinregierung das Zünglein an der Waage spielen könnten. Nein, Wulff möchte zusammen mit der FDP durchsetzen, was beide Parteien sich vorgenommen haben. Zum Beispiel Schüler und Lehrer umlernen lassen. Erklärtes Ziel ist es, die von der SPD kurz vor Toresschluss verabschiedete Schulreform komplett zu korrigieren. Eingeführt wird stattdessen das dreigegliederte Schulsystem mit freier Entscheidung der Eltern, ob die Kinder nach der vierten Grundschulklasse auf Haupt- oder Realschule oder aufs Gymnasium wechseln. 2500 zusätzliche Lehrer- und 500 zusätzliche Polizistenstellen hat die CDU im Wahlkampf versprochen. Die FDP hat schon deutlich gemacht, dass sie dem nur zustimmt, wenn es Finanzierungsmöglichkeiten gibt. Da CDU und FDP in ihren Wahlprogrammen fast deckungsgleiche Positionen vor allem in der Wirtschaftspolitik haben - Entbürokratisierung, Mittelstandsförderung -, fehlt es an echten Knackpunkten für die Koalitionsverhandlungen. Spannend wird werden, wie genau die Koalitionsvereinbarung einen Stellenabbau festschreibt und ob es zur Abschaffung der Bezirksregierungen kommt. Hierauf hat die FDP sich festgelegt, während die CDU sich Hintertürchen offen gelassen hat. Spannend ist die Frage, weil die Mittelinstanz Bezirksregierung eigentlich nur verzichtbar ist, wenn viele Aufgaben auf die kommunale Ebene verlagert werden. Dies wiederum würde voraussetzen, dass die Landkreise vergrößert werden. Zelebrieren werden die neuen Partner den üblichen Kassensturz. Der künftige Ministerpräsident Christian Wulff hat bereits einen Nachtragshaushalt angekündigt, mit dem er Weichenstellungen korrigieren und Freiräume schaffen will. Einspar-Grausamkeiten können dann noch der SPD angelastet werden. Der FDP-Landesvorsitzende Walter Hirche will werden, was er schon bis 1990 war: Wirtschaftsminister. Wulff hat allerdings angekündigt, die CDU werde den Liberalen das Wirtschaftsministerium "nicht ohne weiteres" überlassen. Angesichts ihres guten Wahlergebnisses beanspruchten die Liberalen einen zweiten Ministerposten: "Ich gehe davon aus, dass die FDP mit zwei Ministern in der Regierung verankert sein wird", so Hirche. Wulff antwortete professionell: "Ich will erst über Inhalte reden und dann über Personalfragen." Für den neuen Ministerpräsidenten wird die Auswahl der Kabinettsmitglieder zur Nagelprobe für seine Führungsfähigkeit. In seinem Schattenkabinett gibt es mit Hartmut Möllring einen Finanzminister-Kandidaten, der seine Berufung weniger der Qualifikation als seiner starken Hildesheimer Hausmacht zu verdanken hat. Und was ist mit dem Juristen Lutz Stratmann, der Kandidat fürs Umweltministeramt wurde, weil er als nett gilt und den Bezirk Weser-Ems repräsentiert? Stratmann passierte mit seiner unbedachten Äußerung, er könne sich in einem Endlager Gorleben auch die Unterbringung von hochradioaktivem Müll aus anderen europäischen Ländern vorstellen, die einzige echte Panne in einem ansonsten fehlerfreien Wahlkampf.