Als Reaktion auf einen palästinensischen Angriff hat Israel den Gazastreifen bombadiert. Das Nahost-Quartett will indes über den Friedensprozess beraten.

Israel hat Vergeltung angekündigt und die Drohung umgehend umgesetzt: Wenige Stunden nach einem tödlichen Raketenangriff militanter Palästinenser beschossen israelische Kampfflugzeuge in der Nacht Ziele im Gazastreifen. Sie griffen nach Angaben von Augenzeugen und Hamas-Vertretern sechs Ziele in dem Küstengebiet an, darunter mehrere Schmugglertunnel an der Grenze zu Ägypten und eine Gießerei in Gaza. Bei den Angriffen auf die Tunnelanlagen seien mindestens zwei Zivilisten verletzt worden. Die israelische Armee bestätigte die Luftangriffe auf sechs Ziele, darunter zwei Schmugglertunnel und eine Waffenfabrik. Es seien „direkte Treffer“ erzielt worden, sagte ein Armeesprecher.

Am Donnerstag war erstmals seit dem Gaza-Krieg vor mehr als einem Jahr wieder ein Mensch in Israel getötet worden, als eine aus dem Gazastreifen abgefeuerte Kassam-Rakete im Grenzort Nativ Haasara einschlug. Zu dem Anschlag bekannten sich die bislang unbekannte Gruppe Ansar al-Sunna und die Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden, ein radikaler Flügel der Fatah-Bewegung von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas. Das Kommando über den Gazastreifen hat die rivalisierende Hamas.

Der Angriff ereignete sich, während die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton den Gazastreifen besuchte. Der stellvertretende israelische Ministerpräsident Silwan Schalom hatte umgehend eine harte Reaktion angekündigt.

Trotz der angespannten Lage im Nahen Osten und der Verstimmung zwischen Israel und den USA hält das Nahost-Quartett an neuen Friedensbemühungen fest. Das Nahost-Quartett, bestehend aus Vertretern der USA, Russlands, der UNO und der EU, Vertreter der Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der USA und Russlands, trifft sich heute in Moskau. Es setze sich für eine Wiederaufnahme der israelisch-palästinensischen Verhandlungen ein, die einer Zwei-Staaten-Lösung den Weg ebnen sollen, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton. Es sei „nichts passiert“, was das diesbezügliche Engagement der Verhandlungspartner verändert haben könnte.

Israel und die USA waren über die israelischen Siedlungsaktivitäten in Streit geraten. Washington hatte es als Affront empfunden, dass Israel ausgerechnet während eines Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden in der vergangenen Woche den Bau von 1600 neuen Wohnungen im annektierten Ostteil Jerusalems ankündigte. Die USA hatten eine „formale Antwort“ Israels auf ihre Kritik gefordert. Am Donnerstag schließlich rief Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Clinton an. Bei dem Telefongespräch hätten sich beide Politiker auf konkrete vertrauensbildende Maßnahmen geeinigt, erklärten US-Außenamtssprecher Philip Crowley und Netanjahus Büro. Die USA würden nun die Aussagen Netanjahus prüfen, sagte Crowley in Moskau.

Der US-Sondergesandte George Mitchell, der seinen Nahost-Besuch inmitten des Streits um die israelischen Siedlungspläne verschoben hatte, wird nun am Wochenende in die Region reisen. Nach Angaben der Palästinensischen Autonomiebehörde und des US-Außenministeriums soll Mitchell sowohl Netanjahu als auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas treffen.

Aus Angst vor neuen Auseinandersetzungen in Jerusalem kündigte die Polizei an, am Freitag erneut nur muslimischen Männern über 50 Jahren den Zutritt zum Tempelberg und der dortigen El-Aksa-Moschee zu gewähren. Rund 3000 Polizisten sollten in Alarmbereitschaft versetzt werden, sagte Polizeisprecher Micky Rosenfeld. Am vergangenen Freitag war es auf dem Gelände zu heftigen Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei gekommen.