Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Außenministerin Hillary Clinton sprachen sich gegen die Siedlungspläne Israels aus.

Tel Aviv/Berlin. Israel gerät im Siedlungsstreit unter immer größeren Druck der engsten Verbündeten. Wie zuvor bereits die US-Regierung kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel Israel wegen eines geplanten Bauprojekts im arabischen Ostteil Jerusalems in ungewohnt deutlicher Form. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zeigte sich von der Kritik scheinbar unbeeindruckt. Das Baugeschehen in und um Jerusalem werde so wie in den vergangenen 42 Jahren weitergehen, sagte der Regierungschef auf einer Fraktionssitzung seiner Likud-Partei in Jerusalem.

Zuvor hatte US-Außenministerin Hillary Clinton nach Medienberichten neuen Druck auf Israel gemacht, damit die geplanten indirekten Friedensgespräche mit den Palästinensern endlich in Gang kommen. Der israelische Botschafter in den USA, Michael Oren, sprach von der „schlimmsten Krise“ im Verhältnis beider Länder seit 35 Jahren.

Merkel sprach nach einem Treffen mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Saad Rafik Hariri am Montag in Berlin von einem „schweren Rückschlag“ für den Friedensprozess im Nahen Osten. „Ich hoffe, dass auch die Signale aus Israel in Zukunft konstruktiv sind und nicht weiter so negativ, dass sie das Zustandekommen von solchen Gesprächen verhindern“, sagte Merkel. „Wir sind der Meinung, dass es ein Zeitfenster gibt, das nicht unendlich groß ist“.

Mit indirekten Gesprächen ist gemeint, dass Israelis und Palästinenser nicht an einem Verhandlungstisch sitzen, sondern der US-Nahostgesandte George Mitchell mit Fragen und Antworten zwischen Ramallah und Jerusalem pendelt.

Das israelische Innenministerium hatte vergangene Woche während des Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden den Bau von 1600 Wohnungen in Ost-Jerusalem angekündigt. Biden fühlte sich dadurch brüskiert und verurteilte die Pläne umgehend.

Netanjahu lenkte jedoch nicht ein. Israel werde nicht nur „in Jerusalem und anderswo“ weiterbauen, sondern seinen zehnmonatigen Baustopp im kommenden September aufheben, sagte er. Das bedeutet, dass Israel dann auch entgegen aller internationalen Kritik in den jüdischen Siedlungen im Westjordanland weiterbaut. Auf die umstrittenen Bauvorhaben im besetzten arabischen Ostteil Jerusalems eingehend sagte Netanjahu, es gebe einen nahezu einmütigen Konsens aller politischen Parteien in Israel, dass die „jüdischen Stadtviertel“ in und um Jerusalem herum in einem künftigen Friedensabkommen Teil des Staates Israel bleiben werden.

Angesichts des eskalierenden Siedlungsstreits stehen die indirekten Friedensgespräche jetzt auf der Kippe. Clinton soll Israel aufgefordert haben, das umstrittene Bauprojekt zu streichen und weitreichende Konzessionen wie die Freilassung von palästinensischen Gefangenen zu machen. Ein Sprecher der US-Botschaft in Tel Aviv konnte am Montag nicht bestätigten, ob der Nahostvermittler George Mitchell überhaupt wie angekündigt am Dienstag zurück in die Region kommt. „Es hängt alles noch in der Luft“, sagte Kurt Hoyer.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton machte zu Beginn ihrer Nahost-Reise in der ägyptischen Hauptstadt Kairo noch einmal die Haltung der Europäischen Union zu den israelischen Siedlungen deutlich: „Die Siedlungen sind illegal, sie stellen ein Hindernis für den Frieden dar. Es besteht die Gefahr, dass die Zwei-Staaten-Lösung dadurch unmöglich gemacht wird, eine Lösung von der Israels Ministerpräsident gesagt hat, dass er sie unterstütze.“

Der ägyptische Außenminister Ahmed Abdul Gheit sagte nach einem Gespräch mit Ashton: „Wir verstehen wirklich nicht, wie es sein kann, dass die Araber die Wiederaufnahme von indirekten Verhandlungen befürworten, und am nächsten Tag werfen die Israelis der internationalen Gemeinschaft einen Schuh ins Gesicht.“ Die Europäer sollten „Israel spüren lassen, dass es für ein solches Verhalten auch einen Preis zahlen muss“.