Hamburger Hafen muss im dritten Quartal kräftiges Minus beim Umschlag verkraften. Weihnachtsgeschäft enttäuschend.

Hamburg. Viele Hoffnungen in der internationalen Wirtschaft ruhen auf China, so auch im Hamburger Hafen. "Für 2013 bin ich positiver gestimmt als für 2012, weil sich der chinesische Markt für uns verbessert", sagte gestern Claudia Roller, Vorstandsvorsitzende von Hafen Hamburg Marketing, bei der Vorlage der Zahlen für die ersten neun Monate dieses Jahres. Hamburgs Abhängigkeit von China im Guten wie im Schlechten zeigt sich in der aktuellen Schwächephase des Welthandels noch deutlicher als sonst. Das asiatische Land ist Hamburgs wichtigster Partner im Seehandel. Ein Drittel des gesamten Containerumschlags in der Hansestadt entfallen auf China. In früheren Jahren war es noch mehr, aber in den ersten drei Quartalen 2012 ging der Umschlag im Chinahandel um fast zwölf Prozent auf rund 2,2 Millionen Containereinheiten (TEU) zurück.

Der Grund dafür ist allerdings nicht nur ein schwächeres Wachstum der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft während des laufenden Jahres. Wesentlich beeinträchtigt wird der Hafenumschlag in Hamburg auch durch die anhaltende Wirtschafts- und Finanzmarktkrise in vielen europäischen Staaten. Der Import über den Hamburger Hafen ging zuletzt deutlich zurück. "Das Weihnachtsgeschäft im dritten Quartal ist ausgefallen", sagte Roller über den jährlich wichtigsten Zeitabschnitt für die Containerschifffahrt zwischen Juli und September. Dann werden traditionell die Produkte für das Jahresendfest eingeführt, etwa Spielwaren oder Dekorationsartikel, vor allem aus den asiatischen Staaten.

Es ist schwierig, aus den aktuellen Hamburger Hafenzahlen Optimismus abzuleiten. Im dritten Quartal sank der Containerumschlag auf den Terminals der Hansestadt gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,2 Prozent auf 2,3 Millionen TEU. So stark war das Containergeschäft in Hamburg seit Anfang 2010, einem ersten Höhepunkt der internationalen Finanzmarktkrise, nicht mehr geschrumpft. Roller erwartet für 2012 sowohl bei den Containerzahlen wie auch für den Gesamtumschlag des Hafens Stagnation auf dem Niveau von 2011. Im Vorjahr waren insgesamt 132 Millionen Tonnen Stückgut und Massengüter über Hamburg importiert und exportiert worden, darunter neun Millionen Containereinheiten.

Gleichwohl betonte Roller auch die positiven Faktoren: den 2012 stark gewachsenen Export über den Hamburger Hafen, die zunehmende Bedeutung wichtiger Außenhandelspartner wie Russland und der Vereinigten Staaten für Hamburg. "Die USA sind mittlerweile das viertwichtigste Zielland für den Containerverkehr mit Hamburg", sagte sie. Zwar liegt die größte Volkswirtschaft der Welt mit 290 000 Containereinheiten in den ersten neun Monaten dieses Jahres noch immer auf niedrigem Niveau. Der Umschlag ist jedoch gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 47 Prozent gewachsen.

Das Volumen des internationalen Handels kann der Hamburger Hafen nicht beeinflussen. Und es gibt noch eine Reihe anderer, regionaler Faktoren, die derzeit negativ auf den Umschlag in der Hansestadt wirken. Verzögerungen beim Ausbau des wichtigen Nord-Ostsee-Kanals beeinträchtigen das Zubringergeschäft zwischen Hamburg und dem Ostseeraum. Die Blockade der Elbvertiefung durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig erschwert die Anläufe der größten Containerfrachter. 256 Anläufe von Schiffen mit mehr als 10 000 TEU Kapazität registriert Hafen Hamburg Marketing bislang für 2012, in den ersten neun Monaten 2011 waren es 211 Anläufe. "Auch die größten Schiffe kommen nach Hamburg hinein und aus dem Hafen wieder hinaus, aber nicht mit der für die Reedereien und den Hafen wünschenswerten Auslastung", sagte Roller.

Sie hoffe, dass die Leipziger Richter die Erweiterung der Fahrrinne schneller als derzeit erwartet, deutlich vor Ende 2013, genehmigen. Die Umweltverbände Nabu, WWF und BUND hatten gemeinsam mit anderen Gegnern der Elbvertiefung und -verbreiterung gegen das Großprojekt geklagt und dessen einstweiligen Stopp erwirkt.

Auch ein weiterer für Hamburg ungünstiger Umstand tritt wieder deutlicher in den Vordergrund: In den meisten Nordseehäfen, die mit der Hansestadt konkurrieren, betreiben Schwesterunternehmen der führenden Reedereien eigene Terminals.

Das gilt vor allem für die beiden größten Schifffahrtsunternehmen Mærsk und MSC, die in Bremerhaven, Wilhelmshaven, Rotterdam und Antwerpen über eigene Anlagen für den Containerumschlag verfügen. Diese laufen sie besonders in Krisenzeiten bevorzugt an. Bremerhaven mit Terminals von Mærsk wie auch von MSC legte deshalb in den ersten neun Monaten dieses Jahres als einziger regionaler Seehafen zu, und zwar deutlich mit 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Der Konkurrenzdruck durch konzerneigene Terminals wird für Hamburg noch zunehmen. In Wilhelmshaven betreibt Mærsk den neuen JadeWeserPort gemeinsam mit Eurogate. Im Rotterdamer Hafenerweiterungsgebiet Maasvlakte 2 werden derzeit zwei neue Terminals gebaut, eines für das Mærsk-Schwesterunternehmen APM Terminals, ein weiteres für ein Reedereikonsortium. Hamburg hingegen hält die vier großen Containerterminals im Hafen grundsätzlich für alle Reedereien gleichermaßen offen.

Um die Position im Wettbewerb zu stärken, sollen die Transportsysteme im Hafen weiter optimiert und automatisiert werden, sagte Wolfgang Hurtienne von der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority. Geprüft würden Konzepte für eine Container-Tunnelbahn zum Stadtrand ebenso wie automatisch betriebene Lkw- und Auto-Shuttlezüge.