In Herzogenaurach entstanden gleich drei deutsche Firmen von Weltrang: Adidas, Puma und Schaeffler. Die 23 000 Einwohner spüren das. Der Ort gilt als “vollbeschäftigt“.

Also, goldene Wasserhähne, die hätten sie hier wirklich nicht. In Herzogenaurach, einem Ort, in dem fast Vollbeschäftigung herrscht, und der bei 23 000 Einwohnern im vergangenen Jahr 37 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen verbucht hat. German Hacker ist seit einem Jahr Bürgermeister der kleinen "frränngischen" Stadt. Er hat öfter mal mit solchen Vorurteilen zu tun. "Gut", sagt er, "wirklich schlecht geht es uns nicht."

Ein Blick in die Vitrine seines holzgetäfelten Büros genügt, um Besuchern den Wohlstand zu erklären. Ein Fußball der Marke Adidas klemmt dort hinter der Glasscheibe. Er ist aus dem Jahr 2006 und darauf finden sich die Unterschriften der argentinischen Nationalmannschaft, die hier während der WM gastierte. Kein Zufall, denn die Firma Adidas hat ihren Stammsitz in Herzogenaurach. Ein Fußballschuh, Modell "King", schwarz mit weiß, der Marke Puma, thront eine Etage unter dem Ball. Auf dem Schuh, in dem weißen, geschwungenen Streifen, hat Lothar Matthäus ein flottes Autogramm hinterlassen. Also, Puma und Adidas, das würde für eine Großstadt reichen. Aber neben den beiden Sportmarken, Nummer zwei und drei auf der Welt, hat hier noch ein anderer Konzern seinen Stammsitz: Schaeffler. Bis vor Kurzem kannte den Global-Player für Kugellager und jede Menge andere mechanische Maschinenteile noch kaum jemand. Doch spätestens seit der Continental-Übernahme ist Herzogenaurach auch für diesen Namen bekannt. Der Konzern scheint sich übernommen zu haben, sorgt für Negativ-Schlagzeilen mit Kurzarbeit und Kündigungen. Auch in der Wirtschaftswunderstadt Herzogenaurach spürt man jetzt die Finanzkrise. Doch das ist eine andere Geschichte. Also: Adidas, Puma, Schaeffler garantierten bislang den Wohlstand in Herzogenaurach.

Zumindest von den derzeit 16 400 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in Herzogenaurach stellt die Firma Schaeffler allein 8000, Adidas 2700 und Puma 900. Bürgermeister German Hacker kennt die Zahlen auswendig. "Auf solche Firmen wäre jeder stolz", sagt er. Deutsche Firmen, die Weltruhm erlangt haben und sich in einem kleinstädtischen, urigen Fachwerkhaus-Klima entwickelt haben. Wie geht so etwas? "Ja, die Herzogenauracher sind sehr findig!" Er erzählt von den beiden Dassler-Brüdern, die in den 20er-Jahren eine Schuhfirma gegründet haben. Der eine Bruder "Adi", das ist die Abkürzung von Adolf und "Das" der Anfang von Dassler, gründete später Adidas, und der andere Bruder Rudolf - der Mann, den seine Freunde Puma nannten, weil er so hübsch und geschmeidig aussah - eben jene zweite Weltmarke. Es sei der Wettstreit der Brüder, ihr Ehrgeiz, besser sein zu wollen als der andere, und ihr Mut gewesen, der beiden Firmen zu Weltruhm verhalf. Im Falle Puma auch beinahe zum Scheitern geführt hätte. Erst ein neuer Manager, Jochen Zeitz, verhalf der Marke in den 90ern zu einem wirtschaftlich gesehen unglaublichen Comeback. Doch das ist ebenfalls eine andere Geschichte.

Der Brüderzwist der Dasslers ebenfalls. Der Wirtschaftsjournalist Rolf-Herbert Peters verglich die beiden mit J. R. und Bobby Ewing aus der 80er-Jahre-Serie "Dallas". Heute sind die beiden Firmen Aktiengesellschaften und nicht mehr im Familienbesitz. Und Herzogenaurach, so denkt man, versucht ein bisschen wegzukommen von den Firmengründern. Die Metropolregion wirbt mit dem Slogan "Heimat der Kreativen", um so Spezialisten aus dem Rest der Republik und aus dem Ausland die Angst vor der katholischen Kleinstadtidylle zu nehmen. Und tatsächlich, beim Gang durch die Fußgängerzone hört man zur Mittagszeit Englisch und Französisch, neben Fränkisch natürlich. Die Cafés sind gut besucht, alle Häuser, Ämter und Kirchen sehr gepflegt. Nur das historische Kopfsteinpflaster, das im Altstadt-Kern ausliegt, versaut einem die Schuhe. Gut, in Herzogenaurach wollen sie auch neue verkaufen. Vielleicht meint das jene fränkische Findigkeit.

"Wenn ich mal schlecht drauf bin", sagt der Bürgermeister, "dann fahre ich erst am Puma-Plaza vorbei und dann am Adidas-Laces." Was er meint, sind zwei Großbaustellen der beiden Firmen am Rande von Herzogenaurach, neue Verwaltungsgebäude, die je mindestens 50 Millionen Euro in die heimische Wirtschaft spülen.

Herzogenaurach, hier gleicht Deutschland einem Schlaraffenland. Wie lange noch? Und was ist mit etwas Neuem, Herr Bürgermeister, würden Sie auch Nike-Turnschuhe tragen? Er lacht wirklich herzlich: "Niemals. Das ist echt undenkbar."