Kinder sind längst nicht mehr nur Frauensache, Väter nicht ausschließlich Ernährer. Die Rollen haben sich geändert. Doch wie war es damals, wie ist es heute? Sechs Männer aus sechs Jahrzehnten erzählen über ihre wichtigste Rolle im Leben.

Sein Rollenbild hat sich verändert. Die Erwartungen an ihn sind gewachsen. Ein moderner Vater soll sich Zeit für seine Kinder nehmen, aber auch materiell für die Familie sorgen. In den 30er-Jahren, während der großen Depression, war das Idealbild des Vaters noch das des Ernährers. Während des Zweiten Weltkrieges und den Jahren danach mussten Kinder größtenteils ganz auf ihre Väter verzichten, die an der Front kämpften, fielen oder in Kriegsgefangenschaft gerieten. In den 50er-Jahren waren die Rollen klar verteilt: Die Frau blieb zu Hause, kümmerte sich um die Kinder. Der Mann verdiente das Geld. Den Kindern sollte er ein Kamerad sein. Er nahm seinen Nachwuchs nach Feierabend mit zum Sport. Für emotionale Angelegenheiten war die Mutter zuständig. Zehn Jahre später, mit der Emanzipationsbewegung der Frauen, wurden traditionelle Wertemuster diskutiert und aufgebrochen. Die Scheidungsrate stieg, und Väterrechtsbewegungen kämpften um das väterliche Sorgerecht. Sein neues Rollenverständnis blieb vage.

Väter von heute bezeichnen Soziologen als Generation "Neue Väter". Auch von "aktiven Vätern" ist die Rede. Ihr Dilemma: Sie stecken zwischen Kind und Karriere. Einerseits ist er immer noch Hauptverdiener. Andererseits wünscht er sich, mehr Zeit mit seinen Kindern verbringen zu können. Zwar haben sich gesellschaftliche Leitbilder verändert, doch der Hausmann wird immer noch als Exot betrachtet.

Seit der Einführung des Elterngeldes vor einem Jahr legen immer mehr Väter eine Babypause ein. Laut Statistischem Bundesamt wurde jeder zehnte Antrag auf die neue Familienleistung von einem Mann gestellt. Damit hat sich die Zahl der Väter, die in Elternzeit gehen, im Vergleich zum Vorjahr auf 9,6 Prozent fast verdreifacht. Die regionalen Unterschiede sind dabei groß. Während der Väteranteil in Berlin mit 12,4 Prozent am höchsten ist, sind es im Saarland lediglich 5,8 Prozent. Auch in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zeigten Väter nur wenig Interesse am Elterngeld. Hamburg liegt zusammen mit Bayern und Brandenburg auf Platz zwei. Hier waren es immerhin noch elf Prozent. Ein weiteres Indiz für den Erfolg: Die Kosten für das Elterngeld sind laut Familienministerin Ursula von der Leyen wegen der Nachfrage 100 Millionen Euro höher als geplant. Allerdings entscheiden sich 57 Prozent der Männer, die Elternzeit nehmen, dafür, nur die ersten beiden Monate nach der Geburt des Kindes zu Hause zu bleiben. Nur jeder fünfte nimmt ein ganzes Jahr lang eine berufliche Auszeit. Auffällig ist, dass Männer mit geringerem Einkommen eher bereit sind, länger aus dem Beruf auszusteigen als Besserverdiener.

Trotz einer ersten positiven Bilanz: Die Statistik besagt auch, dass Väter durchschnittlich 19 Minuten am Tag mit ihrem Kind verbringen, wenn es älter als sechs Jahre ist. Ist das Kind jünger, betreut er es noch eine Stunde. Dabei herrscht bei den meisten Männern der Wunsch, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen.

Doch noch müssen sich Väter gegen gesellschaftliche Vorurteile und Widerstände behaupten. Besonders im Beruf kann eine aktive Vaterschaft dem Image schaden. Nicht jeder Chef hat dafür Verständnis, dass sein Mitarbeiter früher gehen muss, weil das Kind krank ist. Männer in Teilzeit sind selten. Denn viele Unternehmen messen berufliche Leistungen an "physischer Präsenz am Arbeitsplatz", wie der Berliner Geschlechterforscher Dr. Peter Döge einmal anmerkte. Von Männern wird erwartet, dass sie sich bevorzugt am Arbeitsplatz aufhalten und bereitwillig Überstunden machen. Hier ist ein Umdenken der Unternehmen erforderlich, wenn Männer ihre Vaterschaft aktiv gestalten sollen.

In skandinavischen Ländern gehört es längst zum Alltag, dass Väter Babypausen einlegen. Auch hierzulande lassen sich erste Veränderungen ausmachen. Positives Beispiel: Bei Ford werden Mitarbeiter in einem Seminar "Neue Väter - Verpasse nicht die Rolle deines Lebens" motiviert, Elternzeit zu nehmen. Und auch beim Flugzeughersteller Airbus in Hamburg wurden Führungskräfte in familienfreundlichen Unternehmensstrategien gecoacht. Einige Unternehmer erkennen das Potenzial, das darin steckt: Ein Mann der sich liebevoll um sein Kind kümmert und sensibel auf dessen Bedürfnisse reagiert, wird dies auch im Umgang mit Kunden tun. Und auch seine Fähigkeit zum Multitasking wird im Büro von Vorteil sein.

Doch der gesellschaftliche Wandel hat gerade erst begonnen. Damit steigen nicht nur die Anforderungen an Väter, sondern auch ihre Chancen.

Wie sich die Väter selbst sehen, können Sie auf den folgenden Seiten lesen. Sechs Väter aus sechs Jahrzehnten erzählen über ihre Erfahrungen.