... erzog seine beiden Töchter “mit Liebe und Beispiel“.

Als ich meine Frau Ursula (heute 82) 1950 kennenlernte, drehte sich unser erstes Gespräch gleich um Kinderpsychologie. Sie arbeitete als Kindergärtnerin in der Harvestehude School der BFES (British Families Education Service), wo sie die Kinder der Besatzer betreute, denn ihr Englisch war sehr gut. Schon damals waren wir uns einig, Kinder müsse man mit Liebe und Beispiel erziehen. Woran sollen sie sich orientieren, wenn nicht an ihren Eltern?

Die 50er-Jahre waren eine Zeit des Aufbaus. Man hatte mich noch vor meinem16. Geburtstag als Luftwaffenhelfer eingezogen. Nach Kriegsende kam ich als Flüchtling aus Liegnitz in Schlesien und fing praktisch bei null an. Meine Tagesration Essen waren drei Riegel Sahnebonbons. Nach meiner Lehre zum Drogen- und Chemikalienkaufmann in Braunschweig fand ich in dem Beruf Arbeit in Hamburg. Nach drei Jahren des Beschnupperns haben meine Frau und ich am 15. August 1953 geheiratet. Es dauerte gar nicht lange, und meine Frau wurde mit Christiane schwanger. Schwiegervater riet uns dazu, gleich eine Eigentumswohnung zu nehmen. Die Wohnung kostete 20 000 D-Mark, mein Bruttolohn 275 D-Mark. Am Anfang war es sehr schwer. Ohne meine Schwiegereltern im Rücken hätten wir das gar nicht machen können. Nach 25 Jahren war die Wohnung abbezahlt. In unseren 64 Quadratmetern fühlten wir uns wie die Könige. Damals war das viel Platz für eine Familie.

Ich war wenig zu Hause und musste lange Zeit auch noch auch sonnabends arbeiten. Neben meiner Arbeit habe ich den Abschluss an der Bankakademie gemacht und mich beruflich noch einmal umorientiert. Da meine Frau und ich uns einig waren, dass man seinen Kindern kein Beispiel sein kann, wenn man nicht da ist, blieb meine Frau zu Hause. 1957 wurde Ulrike geboren. In unserem Haus lebten viele junge Familien. So hatten unsere Mädchen viele Spielkameraden. Nebenan gab es eine Pferdeweide und viel Grün. Alles war noch sehr ländlich.

An Fernsehen hat da noch keiner gedacht. Wir hatten uns sowieso lange dagegen gewehrt und erst 1968 einen Fernseher angeschafft, weil in der Schule zunehmend über bestimmte Sendungen gesprochen wurde. Die Mädchen mussten mitreden können. Heute sind Kinder doch schon viel zu früh dem Fernsehen ausgesetzt und schleppen jede Menge Ballast mit sich. Wir spielten abends oft Karten oder Würfelspiele oder haben gebastelt. Meine Frau hat den Mädchen Stricken, Häkeln und kleine Faltarbeiten beigebracht. Die Kreativität haben sie von ihr.

Die Mädchen haben sich im Alter von elf und 13 Jahren oft gestritten. Während Christiane in der Schule zu den Besten gehörte und ihren Schreibtisch pedantisch aufgeräumt hielt, war Ulrike der Wirbelwind. Wie zufällig stieß sie den Bücherstapel ihrer älteren Schwester beim Vorbeigehen um. Da war es an der Zeit, dass jede ihr eigenes Zimmer bekam. Dass ich mal auf den Tisch hauen musste, kam allerdings sehr selten vor. Wenn ich abends von der Arbeit kam, hatte meine Frau schon alles geregelt. Und wenn ich dann wirklich mal auf den Tisch hauen wollte, wurde ich von meiner Frau mit den Worten "Das habe ich schon erledigt" ausgebremst. Na, mir war die Rolle des lieben Daddy auch lieber.