Total gibt an, das Gasleck an der Bohrinsel “Elgin“ vor Schottland geortet zu haben, hofft aber, dass die Flamme bald von selbst ausgeht.

London. Die Kritik an Total wird immer lauter, doch der Energiekonzern hat seine Strategie im Umgang mit einem Gasleck an seiner „Elgin“-Plattform in der Nordsee verteidigt. Das Abfackeln von Gas sei Teil der Sicherheitsstrategie und habe sich absolut bewährt, sagte eine Total-Sprecherin am Donnerstag in Aberdeen. Das Brennen der Gasfackel über der Plattform gilt aber gleichzeitig als Sicherheitsrisiko, weil eine Berührung mit der Gaswolke zur Explosion führen könnte.

Unterdessen wurde das wirtschaftliche Ausmaß des Gaslecks für Total deutlicher. Das Unternehmen hatte nach dem Einbruch seines Aktienkurses zwischen sieben und neun Milliarden Euro Marktkapitalisierung verloren. „Das wirkt ein wenig hart“, sagte der britische Analyst Jason Kenney von der Bank Santander der dpa. Die tatsächlichen Belastungen durch Produktionsausfälle und Reparaturkosten dürften sich nach seiner Einschätzung auf 300 bis 800 Millionen Euro belaufen.

Die Förderung an den von der Plattform aus koordinierten anderen Gasbohrungen sei abgestellt und die Ventile an Bord der Plattform seien geöffnet worden, hieß es bei Total. So könne das im System verbliebene, überschüssige Gas kontrolliert abgefackelt werden. Dies garantiere auch, dass im Falle einer Explosion keine weiteren Lecks entstehen. Vorsichtshalber seien zwei Feuerwehrschiffe zum Löschen in Stellung gebracht worden. Neben einem Überwachungsschiff mit Unterseetechnik sind dies die einzigen Schiffe, die in die Zwei-Meilen-Sperrzone gelassen werden.

+++ Fragen und Antworten: Giftiges Gas sprudelt in die Nordsee +++

Die Flamme werde in den nächsten Tagen vermutlich von selbst ausgehen, sobald nicht mehr genügend Gas in den Rohren ist, um sie zu speisen, sagte die Sprecherin am Donnerstag. Alternativ werde nach Wegen gesucht, sie zu löschen, sollte sie länger brennen. So lang die Flamme aktiv ist, bestehe Explosionsgefahr. Dadurch werde die Untersuchung der Plattform und des möglichen Lecks noch erschwert.

Total geht davon aus, dass das Leck an einer Gasbohrung in 4000 Metern Tiefe entstanden ist, an der die Förderung vor einem Jahr eingestellt wurde. Das austretende Gas sei nicht giftig. Auf seiner Internetseite gibt Total den Schwefelgehalt des im „Elgin“-Feld geförderten Gases mit weniger als 0,01 Prozent an.

Es sei aber schwer abzuschätzen, wie viel Gas von dort noch ausfließen könne, sagte der für die Total-Operationen in Großbritannien zuständige Sicherheitschef David Hainsworth. Total hofft darauf, dass der Gasfluss in den nächsten Tagen versiegt.

Andernfalls müsse entweder eine Monate dauernde Entlastungsbohrung unternommen oder das Bohrloch von oben mit schwerem Schlamm verstopft werden. Ein solcher „Kill“ geht schneller, ist aber risikoreicher als eine Entlastungsbohrung. „Wir haben externe Experten hinzugezogen, die wir unter Vertrag haben“, sagte die Total-Sprecherin. Eine Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen. Bis dahin würden alle Optionen parallel vorangetrieben.

Unterdessen hat ein Überwachungsflug der Umweltschutzorganisation Greenpeace keine neuen Erkenntnisse gebracht. „Wir sind nicht nah genug herangekommen“, sagte Ölexperte Kai Britt von Greenpeace, der sich an Bord einer zweimotorigen Maschine auf den Weg zur Plattform gemacht hatte. Auf den Bildern der mitgeführten Wärmebildkameras sowie von Spezialkameras zur Gaserkennung sei lediglich zu sehen, dass es einen Gasaustritt gibt. „Wahrscheinlich ist es Methan.“

Das Risiko einer Explosion hält der Greenpeace-Experte ähnlich wie auch britische Fachleute gegenwärtig für überschaubar. „Der Wind treibt die Gaswolke von der Flamme weg“, sagte er. Das Wetter sei günstig. Auch die verbliebenen Arbeiter auf einer etwa vier Seemeilen (rund sieben Kilometer) entfernten Plattform des Energiekonzerns Shell seien nicht in konkreter Gefahr. Der jüngste Wetterbericht von Donnerstag bestätigte diese Sichtweise.

Der Greenpeace-Sprecher Jörg Feddern forderte den Total-Konzern im Deutschlandfunk zu mehr Transparenz auf. „Sie müssen die Notfallpläne auf den Tisch legen.“ Diese Forderung hatte zuvor auch bereits die schottische Regionalregierung erhoben.