Bislang sind offiziell 75 Todesopfer durch das Erdbeben vor der indonesischen Insel Sumatra bestätigt. Jetzt befürchten Offizielle, dass mehr als 1000 Menschen ihr Leben verloren haben.

Jakarta. Innerhalb von gut 16 Stunden haben zwei schwere Erdbeben im Südseeparadies Samoa und auf der indonesischen Insel Sumatra verheerende Verwüstungen angerichtet. Mindestens 120 Menschen kamen allein auf Samoa ums Leben, als nach einem Beben der Stärke 8,0 ein Tsunami ganze Küstenstreifen ins Meer riss. Auf Sumatra im Indischen Ozean gab es mindestens 75 Tote. Zahlreiche Häuser stürzten ein, Bewohner wurden unter Trümmern verschüttet.

Beide Beben hängen nach Einschätzung von Experten nicht miteinander zusammen. Das Beben vor Samoa am Dienstagabend (MESZ) war eines der heftigsten dieses Jahres. Die Wucht des nachfolgenden Tsunamis riss an den langen Stränden Hütten und Ferienanlagen um. Häuser wurden von ihren Fundamenten gerissen. Fischerboote wurden hunderte Meter ins Landesinnere geschleudert, Autos und Dächer aufs Meer hinausgezogen.

„Es hat vor allem Kinder und ältere gebrechliche Menschen getroffen“, sagte Marita Huch, die Reporterin des lokalen Radiosenders „2AP“. Sie fuhr mit einem Team aus Apia 80 Kilometer an die Südküste und sah dort Leichen, die in angeschwemmten Schlamm- und Sandbänken feststeckten. „Es ist vieles schwer beschädigt, und die meisten Touristenanlagen sind zerstört“, sagte Samoas Vize-Regierungschef Misa Telefoni.

Von dem Tsunami betroffen war neben der ehemaligen deutschen Kolonie West-Samoa auch die Schwester-Insel Amerikanisch-Samoa. Dort wurde vor allem die Hauptstadt Pago-Pago getroffen. Eine Brücke sei durch den Sog des Wassers eingestürzt, sagte der Gouverneur Togiola Tulafono im Fernsehen. Besonders die zweite der rund fünf Tsunamiwellen sei verheerend gewesen. US-Präsident Barack Obama erklärte die Insel zum Katastrophengebiet.

Die meisten Menschen in den Küstenregionen suchten nach dem Erdstoß umgehend das Weite, wie sie es gelernt hatten. „Das hat vielen das Leben gerettet“, meinte die Radioreporterin. „Wir haben seit dem Tsunami im Indischen Ozean 2004 regelmäßig Tsunami-Übungen abgehalten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn das eben mitten in der Nacht passiert wäre.“ Bei dem Tsunami 2004 waren rund um den Indischen Ozean 230.000 Menschen ums Leben gekommen.

Die besonders betroffene Südküste der Hauptinsel Upolu ist ein Touristenparadies. Wie viele Ausländer ums Leben kamen oder vermisst wurden, war zunächst unklar. Die neuseeländische Luftwaffe schickte ein Aufklärungsflugzeug in die 2800 Kilometer entfernte Region, um nach Überlebenden zu suchen. An der Küste machte auch ein deutsches Ehepaar Urlaub. Die Berliner erlitten leichte Verletzungen und wurden in einem Krankenhaus versorgt, sagte der deutsche Honorarkonsul, Arne Schreiber. Die 25 auf Samoa lebenden Deutschen seien wohlauf.

Chronik der schwersten Erdbeben

Rund 10 000 Kilometer von Samoa entfernt versetzte ein schweres Beben auf Sumatra die Menschen in Angst und Schrecken. Auch Stunden nach den Erdstößen gab es noch keine genaue Übersicht über das Ausmaß der Schäden. Während die Behörden zunächst von 75 Toten sprachen, berichteten örtliche Medien von möglicherweise mehreren hundert Opfern und tausenden Häusern, die eingestürzt sind. Menschen auf Sumatra unter Trümmern begraben.

Das Zentrum des Bebens lag vor der Westküste von Sumatra, etwa 45 Kilometer nordwestlich von Padang. Viele Menschen wurden unter den Trümmern der eingestürzten Häuser begraben. Wie Nicola Breunig von der Hilfsorganisation Help in Medan im Norden Sumatras berichtete, war zunächst eine Tsunami-Warnung ausgegeben worden, die jedoch kurze Zeit später wieder aufgehoben wurde.

Noch am Mittwoch trafen erste Mitarbeiter der Erzdiözese Padang und ein internationales Caritas-Team ein, um Hilfe zu leisten. „Der Flughafen von Padang und die wichtigste Verbindungsstraße nach Padang, der Trans Sumatra Highway, sind gesperrt. Die Telefonnetze in Padang sind weitgehend lahmgelegt, da die Masten des wichtigsten Kommunikationsanbieters zusammengebrochen sind, so dass es derzeit schwierig ist, sich einen genauen Überblick über das Ausmaß der Katastrophe zu machen“, teilte die katholische Organisation mit. Auch die Organisation World Vision berichtete von Zerstörungen sowie Unsicherheit bei der Bevölkerung: „Viele Menschen verbringen die Nacht im Dunkeln auf den Straßen, da sie Angst haben, in ihre Häuser zurückzugehen.“

Vor Sumatra lag auch das Epizentrum des Bebens, das Weihnachten 2004 den verheerenden Tsunami im Indischen Ozean ausgelöst hatte.230.000 Menschen kamen damals ums Leben. Nicola Breunig von Help aus Tauberbischofsheim in Baden-Württemberg gehört ebenso wie zahlreiche andere Mitarbeiter deutscher Organisationen, darunter mehrere Mitglieds-Institutionen der Aktion Deutschland hilft, zu den vielen Helfern, die noch immer am Wiederaufbau in der Region arbeiten.

Die zwei Beben binnen weniger Stunden stehen nach Angaben von Experten in keinem Zusammenhang. „Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand hat das gar nichts miteinander zu tun“, sagte der Leiter der Sektion Seismologie am Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam, Rainer Kind. Es gebe bisher keine Beweise dafür, dass sich die durch ein Erdbeben ausgelöste Kraft über Tausende von Kilometern ausbreitet. „Dass beide Beben zeitlich so eng beieinanderliegen ist Zufall“, betonte der Experte – zumindest so weit man heute weiß. „Vielleicht sind wir in einigen Jahrzehnten mit der Forschung weiter.