Hamburger Zweitligaklub zeigt dennoch eine ansprechende Leistung, hat aber Pech im Abschluss. Ginczeks Führungstreffer reicht nicht.

Hamburg. Der Applaus der Zuschauer am Hamburger Millerntor kam verhalten und zögerlich. Es dauerte einige Minuten, ehe der Anhang des FC St. Pauli seiner Mannschaft den fälligen Beifall spendete. Die Enttäuschung über das 1:1 gegen VfL Bochum war greifbar. Früh schien an diesem kalten Montagabend festzustehen, dass die Erfolgsserien der Hamburger eine Woche weitergehen würden, während die seit sieben Spielen sieglosen Westfalen ihren Negativlauf fortzusetzen schienen. Angreifer Daniel Ginczek hatte bereits in der 16. Minute im vierten Einsatz hintereinander ins Tor getroffen. Nach dem 3:2 gegen Dynamo Dresden und dem 2:0 in München, lautete die Frage nur noch, wie hoch der dritte Erfolg ausfallen würde. Die 20.788 Zuschauer im Stadion sahen eine einseitige Partie, welche die direkten Vorgänger von St. Paulis Trainer Michael Frontzeck und Bochums Chefcoach Karsten Neitzel - André Schubert und Andreas Bergmann - vor dem Fernseher verfolgten. Während Schubert nach einem Kick mit Freunden in einer Kasseler Fußballhalle zumindest die zweite Hälfte am TV sah, schaute Bergmann die Partie komplett von der heimischen Couch aus.

Sie erlebten, wie sich die Braun-Weißen schwungvoll in den Strafraum kombinierten, ihre technische Klasse dokumentierten und eben auch früh und verdient in Führung gingen, als Ginczek nach Pass von Florian Kringe den Ball aus halbrechter Strafraumposition ansatzlos ins Tor drosch und für gute Laune auf den Tribünen sorgte. Unmut äußerten einige Fans nur am eigenen Präsidium. "Münchhausen-Präsis!", war auf einem Plakat in der Nordtribüne zu lesen, "Stenger, hau ab!", forderten einige Gegengeradenbesucher Gernot Stenger via Banner auf. Über die Abwahl des Vizepräsidenten haben die Mitglieder auf der Jahreshauptversammlung am 26. November zu entscheiden. Ein entsprechender Antrag wurde vorbereitet. Die Veranstaltung im Congress Center Hamburg am Dammtorbahnhof verspricht kontrovers zu werden.

Für Turbulenzen anderer Art sorgte dagegen die Mannschaft. Einsatz- und laufstark trug die Frontzeck-Elf ihr Spiel vor, diktierte dem allenfalls kämpferisch ebenbürtigen Gegner ein hohes Tempo und dominierte die Partie in den ersten 35 Minuten. Die Pause, die sich die in Abwesenheit ihres verletzten Kapitäns Fabian Boll von Jan-Philipp Kalla auf das Feld geführte Mannschaft noch vor dem Seitenwechsel gönnte, blieb ungestraft. Die Bochumer offenbarten, weshalb sie es in dieser Saison auswärts erst zu zwei Torerfolgen gebracht hatten. Und so bedurfte es der Mithilfe des schwachen Schiedsrichters Christian Dingert, der zehn Minuten nach Wiederanpfiff eine Aktion von Markus Thorandt fälschlicherweise als Foulspiel bewertete und der VfL den folgenden Freistoß in Person von Christoph Dabrowski zum Ausgleich nutzte. "Ich kann mich ja nicht in Luft auflösen", kommentierte Thorandt die Szene, die ihm zum Überfluss auch noch die fünfte Gelbe Karte einbrachte, "der Assistent, der direkt danebenstand, hat seine Fahne ja auch unten gelassen."

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Die Hamburger reagierten mit Wut und Verärgerung - zunächst neben, dann auch auf dem Platz: Torwarttrainer Mathias Hain wurde vom Unparteiischen auf die Gegengeradentribüne verwiesen und sah fortan eine leidenschaftlich anstürmende Heimmannschaft. Daniel Ginczek (59., 74.), Christopher Buchtmann (64.), Fin Bartels (66.) und der eingewechselte Marius Ebbers (77.) schraubten die Chancenstatistik auf 8:3, bewirkten eine Eckenbilanz von 12:1, trafen aber trotz bester Möglichkeiten das Tor nicht mehr. "Wenn ich zwei von den anderen Dingern noch mache, ist es ein Riesenspiel", wusste auch der umtriebige Ginczek, "so aber ist es nur ein gutes." Das auch sein Trainer attestierte: "Ich denke, ich habe ein gutes Spiel meiner Mannschaft gesehen. Es haben oft nur Zentimeter gefehlt, das war ein unglückliches Unentschieden", meinte Frontzeck, "es hätte gut und gerne ein Sieg sein können." Sein müssen, wie die Stimmung in der Mannschaft nach dem Abpfiff verriet. "Der Punkt ist zu wenig", sagte Ginczek stellvertretend, "aber schön, dass wir im fünften Spiel ungeschlagen geblieben sind."

Letztlich dann also doch die Fortsetzung einer positiven Serie für den FC St. Pauli, der allerdings auch im siebten Abendspiel der Saison sieglos blieb. Zahlenspielereien für Statistikfreunde, die kurz nach dem Abpfiff niemand bemühte. Stattdessen ging der Blick auf das anstehende Auswärtsspiel bei Hertha BSC: "Berlin, Berlin! Wir fahren nach Berlin", skandierten die Zuschauer. Und das nach dieser Leistung mit einer Extraportion Selbstbewusstsein.

Statistik

St. Pauli: Tschauner - Kalla, Avevor, Thorandt, Schachten - Funk, Kringe - Schindler (75. Ebbers), Buchtmann (82. Gogia), Bartels - Ginczek. - Trainer: Frontzeck

Bochum: Heerwagen - Rothenbach, Maltritz, Eyjolfsson, Chaftar - Dabrowski (84. Kramer) - Delura (66. Rzatkowski), Goretzka, Tasaka - Iashvili, Scheidhauer (74. Dedic). - Trainer: Neitzel

Schiedsrichter: Christian Dingert (Lebecksmühle)

Zuschauer: 21.000

Tore: 1:0 Ginczek, 1:1 Dabrowski (55.)