WAKEBOARDING Der Gewinner der U-18-Verlosung lernt, wie man die Kurve kriegt.

Hamburg. Carl Henrik Seum sieht ein bisschen wie ein Footballspieler aus. Triefend nass und mit gepolstertem Oberkörper wartet er auf seinen Einsatz. Allerdings sind seine Schultern so schmal, dass das schwarze Shirt mit der Nummer 47 nur deshalb nicht herunter rutscht, weil der Achtjährige auch noch Neoprenanzug und Rettungsweste trägt. Henrik, wie er von seinen Freunden gerufen wird, steht am Startponton der Wasserski-Seilbahn Süsel. Gleich wird er die Holzhantel bekommen, die ihn auf seinem Wakeboard rund um den See zieht. Mit 13 anderen Kindern besucht Henrik die O'Neill-Wakeboard-Academy, die auf ihrer Reise quer durch Deutschland in dem Ostseedorf Süsel Station macht. Die Teilnahme an dem dreitägigen Lehrgang hat Henrik bei einer Verlosung auf der U-18-Seite gewonnen. Jetzt bekommt er Unterricht von Deutschlands besten Wakeboardern. Benjamin Süß (24), Vierter bei der WM im vergangenen Jahr, steht barfuß und mit Strohhut auf dem Steg und gibt letzte Anweisungen: "Bleibt mit dem Körper über dem Board. Geht in die Knie. Macht euch klein." Henrik hätte er das eigentlich nicht zu sagen brauchen. Er ist nicht nur der jüngste, sondern auch der kürzeste Teilnehmer der Academy. Wenn er sein Brett aufrecht neben sich stellt, überragt es ihn um fünf Zentimeter. Der Start klappt dann auch hervorragend. Elegant reitet Henrik mit 30 km/h über die Wellen. Erst in der zweiten Kurve verliert er das Gleichgewicht und fällt ins Wasser. "Die Kurven und der Start sind das Schwerste", meint Henrik, nachdem er über den Steg zurückgekommen ist, "aber ich habe trotzdem schon fünf Runden hintereinander geschafft." Jeder Richtungswechsel birgt die größte Gefahr einer Abkühlung. Wer nicht in der Ideallinie fährt, wird von dem Ruck, den ein Mast an jeder Ecke des Sees durch das Zugseil schickt, umgerissen. Alle Academy-Teilnehmer sind jedoch noch am ersten Tag eine unfallfreie Runde gefahren. Die Chancen darauf sind auch gerecht verteilt, denn "wer kleiner und leichter ist, sinkt nicht so tief ein und braucht nicht so viel Kraft zum Festhalten", erklärt Sportstudent Süß. Der Pionier der deutschen Wakeboard-Szene verfolgt bei der Academy mehrere Ziele: "Ich möchte meinen Sport pushen. Den Kindern soll vor allem Spaß vermittelt werden, aber sie brauchen auch kleine Erfolgserlebnisse." Anfänger müssen zunächst ein Gefühl für Brett und Wasser entwickeln. "Es hubbelt so, wenn man über die Wellen fährt", beschreibt Henrik seine ersten Erfahrungen, "aber das macht viel mehr Spaß als Skateboarden, weil es viel schneller geht." Fortgeschrittene können sich an den Tricks versuchen, die klingen, als hätte sie ein Geometrie- und Englischlehrer erfunden: Three-Sixty, Flip, Tumble Turn. Henriks Freund Constantin (14), Mitglied des ortsansässigen Wasserskiclubs, trainiert unter der fachkundigen Anleitung der Profis einen One-Eighty Blind, also eine halbe Umdrehung mit Umgreifen hinter dem Rücken. Wesentlich kompliziertere Verrenkungen zeigen Süß und die anderen Fahrer vom Team O' Neill: Sie verkanten das Board, steigen so mehrere Meter in die Luft, drehen sich dort scheinbar beliebig oft, machen einen Salto (Flip) und landen wundersamerweise meistens mit dem Brett nach unten. Stürze enden meist glimpflig. Es kann aber auch zu schweren Gelenksverletzungen kommen, wenn das Board ins Wasser taucht und wie ein Hebel auf die Beine des Fahrers wirkt. Bis zur Luftakrobatik ist es für Henrik noch ein weiter Weg. Eigentlich jagt er ja auch nicht die perfekte Welle, sondern Hockeybälle beim Harvestehuder THC. Aber dann guckt er Richtung See, auf dem einer seiner Trainer gerade mit lautem Klatsch ins Wasser fällt, und sagt mit ernster Miene: "Ich mache bestimmt weiter."