Für das große Ziel, bei Olympia in einem Boot zu sitzen, wird so manche Leckerei gern umschifft.

Hamburg. Die Weihnachtszeit ist wieder mal zu einer schweren Willensprüfung für Ole und Martin Rückbrodt geworden. Überall duftende Verlockungen, von der fetten Gans bis zum leckeren Stollen. Doch was dem Normalbürger den Mund wässrig macht, treibt den Brüdern eher den Schweiß auf die Stirn. Denn solcherart kalorienreiche Völlerei können sie sich nicht leisten: Die beiden sind Hamburgs erfolgreichste Leichtgewichtsruderer.

"Manchmal ist diese erzwungene Enthaltsamkeit echt lästig", weiß der 20-jährige Martin. Vor allem Schokolade gehört zu seinen großen Schwächen. Doch wenn sie in Form großer Weihnachtsmänner oder Osterhasen daherkommt, gibt es halt ein Problem. "Jedes Kilo zu viel bedeutet zusätzliche Laufeinheiten und Schwitzkuren. Wenn man daran denkt, fällt der Verzicht gleich etwas leichter", sagt Martin, der gerade seinen Zivildienst am Olympiastützpunkt leistet.

70 Kilo dürfen die Leichtgewichtsruderer im Schnitt wiegen. Dass dies bei Gardemaßen von 1,90 m (Ole) und 1,92 m (Martin) nicht ganz einfach ist, lässt sich denken. "Es ist aber keineswegs so, dass wir ernährungstechnisch deshalb ein absolut freudloses Dasein fristen", erklärt Ole. Nach harten Trainingseinheiten, und die gibt es im Prinzip an sieben Tagen pro Woche, genehmige sich der 23-Jährige schon mal ein Stück Kuchen oder gar Torte: "Die Frage ist nur, wann tust du es, und wie oft!" Überdies habe er das Glück, dass sein Körper nicht so schnell an Gewicht zulege.

Gerade deshalb ist der Lehramtsstudent (Geschichte auf Magister) ja beim Rudern gelandet. Weil er als 15-Jähriger zu schnell auf 1,90 m schoss, aber keine 60 Kilo auf die Waage brachte, bekam er höllische Rückenschmerzen. "Da hilft nur Rudern, sagten die Ärzte", erinnert sich Ole. Und weil der Vater eines Schulfreunds zweiter Vorsitzender des Hamburger und Germania RC ist, ankerte er bald darauf beim zweitältesten Ruderklub der Welt.

Dorthin lotste er später auch Bruder Martin, als den mit 14 Jahren der Spaß an Hoch- und Weitsprung verließ. Dass der 1836 gegründete Verein am westlichen Außenalsterufer eine reine Männergesellschaft ist, schreckte sie nicht. "Das ist halt gelebte Tradition", weiß Ole. "Und außerdem ganz praktisch", ergänzt Martin: "Da kann Mann sich auf das Wesentliche konzentrieren."

Das haben die beiden in den vergangenen Jahren beharrlich getan. Ole übrigens unter den Fittichen von Erfolgstrainerin Rita Hendes bei der RG Hansa. "Da gibt es zum Glück gar keine Eifersüchteleien unter Hamburgs Ruderklubs", erklärt Ole. "Dass die Besten in speziellen Trainingsgruppen konzentriert werden, macht doch Sinn." So wurde er auf der legendären Rennstrecke des englischen Eton-College vor mehr als 50 000 Zuschauern mit Partner Felix Otto (Düsseldorf) Weltmeister im Zweier, während Bruder Martin mit dem Doppelvierer zu Silber ruderte.

Die richtige Vorlage für ihr großes Ziel Peking. Bei den Sommerspielen 2008 wollen sie dann in einem Boot, dem Vierer ohne, sitzen. Dafür lohnt es sich allemal, manche Leckerei zu umschiffen.

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