Der frühere HSV-Profi Vincent Kompany spielt mittlerweile für Manchester City. Am Donnerstag will er mit seinem englischen Klub eine gute Ausgangslage für das Uefa-Pokal-Rückspiel in Manchester schaffen. Er weiß wegen einer Oberschenkelverletzung aber noch nicht, ob er überhaupt auflaufen kann.

Manchester. Vincent Kompany ist zu spät. Der Belgier lächelt verlegen und entschuldigt sich. Die Rechnung gehe auf ihn, sagt Kompany, bestellt sich im Hotelrestaurant des Radisson im Zentrum Manchesters ein Club-Sandwich, ein Wasser und eine Latte macchiato. "Grüßen Sie mir Hamburg", sagt er noch, bevor das Interview losgeht.


Abendblatt:

Herr Kompany, müssen wir uns Sorgen machen, dass Sie beim Spiel in Ihrer alten Heimat nicht dabei sein können?

Vincent Kompany:

Ich will gegen den HSV unbedingt spielen, weiß aber noch nicht, ob mein Oberschenkel das auch zulässt. Wahrscheinlich wird sich das erst kurz vor dem Abflug entscheiden.



Abendblatt:

In Hamburg verfolgen die Fans interessiert, was Sie und Nigel de Jong in Manchester treiben. Wie sehr verfolgen Sie aus der Ferne den HSV?

Kompany:

Leider wird die Bundesliga nicht im englischen Fernsehen übertragen. Aber ich telefoniere regelmäßig mit Guy Demel und Paolo Guerrero. Dem HSV scheint es ziemlich gut zu gehen.



Abendblatt:

Stimmt es, dass Sie noch immer eine Wohnung in Hamburg haben?

Kompany:

Das stimmt. In der aktuellen Wirtschaftslage ist es nicht so schlau, eine Wohnung zu verkaufen, wenn man nicht unbedingt auf das Geld angewiesen ist. Außerdem bin ich noch regelmäßig in Hamburg zu Besuch.



Abendblatt:

Hand aufs Herz: Vermissen Sie Ihre alte Heimat?

Kompany:

Natürlich vermisse ich Hamburg. Die Stadt hat etwas Besonderes. Ich war nicht nur HSV-Profi, ich war auch ein echter Hamburger. Ich finde es einfach toll, dass Blankenese und das Schanzenviertel zwei ganz unterschiedliche Welten sind, in denen ich mich aber gleichermaßen wohlgefühlt habe. Beide Gegenden haben ihren Charme.



Abendblatt:

Sind Sie enttäuscht, dass Ihr Wechsel vor acht Monaten mit unfreundlichen Nebengeräuschen vonstatten ging?

Kompany:

Vielleicht hätte er etwas sauberer über die Bühne gehen können. Aber ich bin nun mal ein Mensch mit Prinzipien. Mir hat es sehr wehgetan, wie der HSV mit meiner Olympia-Nominierung umgegangen ist. Ich will nicht im Groll zurückblicken, aber der Streit über meine Peking-Teilnahme war letztendlich mit dafür verantwortlich, dass ich nach Manchester gegangen bin. Wobei ich im Nachhinein hundertprozentig davon überzeugt bin, dass ich das Richtige getan habe.



Abendblatt:

Hat der HSV wirklich 100 000 Euro Strafe von Ihnen kassiert, weil Sie zu lange bei den Olympischen Spielen blieben?

Kompany:

Ja. Aber machen Sie sich mal keine Sorgen: Das Geld, das mir auf der einen Seite nun fehlt, habe ich mir von der anderen wiedergeholt. Schließlich wechselt man nicht unbedingt des guten Wetters wegen nach England.



Abendblatt:

Sondern?

Kompany:

Natürlich wird in der Premier League besser gezahlt als in der Bundesliga. Aber unabhängig davon bin ich überzeugt, den richtigen Schritt in meiner Karriere gegangen zu sein.



Abendblatt:

Haben Sie sich schon an "Ham and Eggs" gewöhnt?

Kompany:

Ich musste mich damals ans deutsche Frühstück gewöhnen und habe mich auch jetzt an das englische Essen gewöhnt. Ich mag es einfach, neue Kulturen, neue Städte und neue Menschen kennenzulernen.



Abendblatt:

Wie ist Ihr Leben in Manchester? Treffen Sie Cristiano Ronaldo im Pub auf ein Bier?

Kompany:

Manchester ist eine kleine Stadt, deswegen kann man sich kaum aus dem Weg gehen. Ich habe also wirklich schon Ronaldo getroffen, was für mich aber nicht so eine große Sache war. Ansonsten hat man nur wenig Zeit, sich in der Stadt rumzutreiben. Wir spielen in England ja noch mehr als in Deutschland.



Abendblatt:

Sie sind zu City gewechselt, bevor die Scheichs den Verein übernommen haben. Was hat sich seitdem geändert?

Kompany:

Eine ganze Menge. Fast jeden Tag entwickelt sich der Klub weiter. Es wird besonders in die Infrastruktur investiert, und ich bin mir sicher, dass auch in der Zukunft noch sehr viel bei City passieren wird.



Abendblatt:

Haben sich die Scheichs bei Ihnen vorgestellt?

Kompany:

Nein. Unser Präsident ist ein Staatsoberhaupt, das nicht so einfach nach Manchester fliegen kann, um zu sagen: "Hallo, hier bin ich." Aber wir haben viele Leute aus seinem Umfeld kennengelernt. Das sind alles sehr nette Menschen ...



Abendblatt:

..., die eine Menge Geld haben. Haben da deutsche Vereine langfristig überhaupt eine Chance zu konkurrieren?

Kompany:

Für mich ist die Bundesliga eine der stärksten Ligen der Welt. Aber solange die Vereine keine ausländischen Investoren zulassen, wird Deutschland mit England nicht mithalten können. Das kann man gut oder schlecht finden, aber es ist die Wahrheit.