Griechenland: Das größte Hotelprojekt der Hellenen lenkt den Blick auf eine Region, die bislang touristisch kaum entwickelt war.

Warteschleifen über Araxos, dem Zielflughafen auf dem westlichen Peloponnes. Nur 2,5 Stunden hat die Hapag-Lloyd-Boeing aus Hamburg gebraucht. Jetzt fällt der Blick auf fruchtbare Felder, mächtige Hügel am Horizont und das in der Nachmittagssonne glitzernde Ionische Meer.

Die Gegend ist noch landwirtschaftlich geprägt und touristisch wenig erschlossen. Erst seit Mai landen hier vermehrt Pauschalgäste aus Deutschland - angelockt vor allem durch eine neue Urlaubswelt, die von der Grecotel-Gruppe und dem Reise-Riesen TUI für 53 Millionen Euro aus dem Boden gestampft wurde. 1500 Gästebetten im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich wird der aus drei Hotels bestehende Komplex in Loutra Kyllini haben, wenn er - ab der nächsten Saison - komplett fertig ist. Das "Grecotel Olympia Riveria Resort" gilt damit zurzeit als größtes Hotel-Projekt Griechenlands.

Die Zahlen klingen bombastisch, doch der westliche Peloponnes ist ansonsten noch ziemlich weit vom Massentourismus entfernt. Das merkt jeder schon am Airport: Wer einmal in Palma oder Antalya gelandet ist, der wird sich wundern, wenn seine Maschine in Araxos aufgesetzt hat. Zunächst rollt der Jet gemächlich vorbei an dem hier stationierten Militärgerät, dann parkt er - nicht selten als einziges ziviles Flugzeug - auf dem winzigen Vorfeld. Der "Terminal" ist nur ein kleiner Ankunftsraum mit einem wenige Meter kurzen Gepäckband. Sollten binnen einer Stunde mal zwei oder gar drei Flugzeuge landen, sind Gedränge und längere Wartezeiten programmiert.

Per Bus geht es weiter zum Hotel. Die mitunter kurvige Fahrt dauert etwa eine Stunde - mal gebremst von einem Hirten, der Schafe und Ziegen über die Straße treibt, immer wieder vorbei an Feldern voll mit prallen Melonen oder mannshohem Mais. Am Straßenrand stehen Zypressen wie in der Toskana, parken Dutzende Lastwagen, randvoll beladen mit reifen Tomaten. Die Fahrer warten geduldig auf Einlass in die kleine Fabrik, die das Gemüse säubert, sortiert und zu Dosen verarbeitet.

Die meisten Ortschaften am Rande der "New Road" - die alles andere als neu ist - sehen aus, wie sie schon vor 20 Jahren ausgesehen haben: irgendwie belanglos und touristisch völlig uninszeniert. Das Leben dort spielt sich zum guten Teil auf der Straße ab, die Auslagen der Händler machen nicht immer am Bürgersteig Halt. Beim Schlachter hängen ganze Lämmer an den Haken, beim Fischhändler stapeln sich die aktuellen Fänge auf eisgefüllten Styroporkästen - direkt daneben schraubt ein verölter Mechaniker an seinen Mopeds. Im Kafenion sitzen die älteren Männer, spielen Backgammon und plaudern über alles, was wichtig ist.

Urlauber sieht man fast keine. Die tummeln sich, bei 35 Grad im Schatten, lieber am kilometerlangen Strand oder gehen mit klimatisierten Mietwagen und Bussen auf weiträumigere Kultur-Tour.

Dass die Elis genannte Region touristisch unterentwickelt ist, weiß auch Ralf Becker, bei TUI als Zielgebietsleiter zuständig für den Westpeloponnes. Doch gerade darin sieht er einen großen Vorteil: "Noch ist alles sehr ursprünglich und unverfälscht." Insofern muss ein Komplex mit 1500 Betten schon deplatziert wirken in dieser Gegend. Aber man kann den Erbauern zumindest attestieren, dass sie eine architektonisch ansprechende Hotelanlage gebaut haben.

Das neue Grecotel-Resort liegt auf einem 190 Hektar großen Gelände und wirkt durch die Aufteilung in drei Hotels mit Haupthäusern, Villen und Reihenbungalows sowie großzügigen Poolanlagen nicht zu gedrungen. Der Bauplatz war übrigens schon in den 80er-Jahren vom griechischen Staat als Standort für einen groß angelegten Gesundheitstourismus auserkoren worden. Denn: In Loutra Kyllini sprudeln Quellen, die angeblich bei Leiden wie Asthma, Bronchitis oder Rheuma helfen. Zudem gibt es hier einen der schönsten Strände des Peloponnes - mit goldfarbenem Sand, so weit das Auge reicht. Das geplante Muster-Projekt des Staates scheiterte jedoch grandios - was blieb, waren ein paar Bauruinien und überdimensionierte Straßen. Diese Reste sieht man als Hotelgast zum Teil noch heute, aber nur bei der Anfahrt. Und wer dabei zwischen den Bäumen hindurchspäht, der entdeckt auch einige vom Kopf bis zu den Füßen mit Schlamm beschmierte Menschen, die sich (ebenfalls außerhalb der Hotelanlage) die Heilkräfte der Natur zunutze machen wollen.

Ihren Gästen mag Nadine Griesenbrauk, Guest Relation Manager des "Olympia Oasis", das urtümliche Schlammbad im Wald indes nicht so recht empfehlen. Sie wirbt lieber für das edle hauseigene Wellness-Center namens "Elixir", das seit kurzem in Betrieb ist und zwischen "Oasis" und dem Nachbarhotel "Riviera Thalasso" liegt. Im Stil altgriechischer Bäderanlagen gebaut, soll es zahlungskräftige Kunden locken. Ende Juli war allerdings noch nicht alles fertig, und auch in den beiden bereits eröffneten Hotels wurde noch gewerkelt. Den Start des Suiten- und Villenhotels "Mandola Rosa" hat man gar auf 2005 verschoben, um die Gäste nicht durch Baulärm zu verärgern.

Loutra Kyllini ist eben nicht Athen, wo man mit dem Bauen irgendwie doch rechtzeitig fertig wurde. Dafür ist hier vom Olympia-Trubel erstaunlich wenig zu spüren. Wer sich dem Thema des Jahres dennoch nähern will, der kommt um einen Ausflug in die Antike nicht herum. Etwa eine Autostunde südlich liegt die Wiege der Spiele - das antike Olympia. Für sechs Euro Eintritt öffnet sich dort die Pforte zu jenem Ort, an dem 776 v. Chr. die ersten Wettbewerbe ausgetragen wurden. Neun Euro werden insgesamt fällig, wenn man sich auch das zugehörige Museum anschauen will - es beherbergt die schönsten Fundstücke des panhellenischen Heiligtums und sollte auf keinen Fall ausgelassen werden. Nur am 18. August macht man um die gesamte Anlage wohl besser einen großen Bogen. Dann nämlich treten im historischen Stadion die olympischen Kugelstoßer an - vor 15 000 Zuschauern, die sich ihre Karten längst gesichert haben.

Selbst Kreuzfahrer nehmen manchmal Kurs auf Olympia - genauer gesagt: auf den Hafen von Katakolon. Von dort aus werden sie dann per Bus in die Antike befördert. Liegt kein Riesenschiff am Pier, eignet sich der beschauliche Hafenort durchaus für einen Abstecher. Direkt am Wasser reiht sich eine Taverne an die nächste - eine gute Gelegenheit, um gegrillte Seezunge, Zwiebelgulasch (Stifado) und große Weinblätter-Rouladen in heller Soße zu genießen. Alles schmeckt lecker, und die Preise - 37 Euro für die drei Hauptgerichte, einen Bauernsalat und Getränke - sind allemal erträglicher als in Olympia, wo ein Cappuccino schon 3,50 Euro kostet.

Der Peloponnes insgesamt, mit 21 439 Quadratkilometern etwas größer als das Bundesland Hessen, bietet viel mehr, als während einer kurzen Urlaubsreise entdeckt werden könnte. Neben antiken Stätten wie Olympia, Sparta, Mykene oder Epidauros locken sehenswerte Orte wie die byzantinische Ruinenstadt Mistra, das lauschige Nafplion in der östlichen Provinz Argolis oder eine Fahrt mit der Kalavrita-Zahnradbahn hoch oben in den Bergen von Achaia. Doch bei hochsommerlicher Hitze fällt der Start zum Familienausflug manchmal schwer. Vor allem, wenn der Nachwuchs nörgelt: "Ich will zu Katrin in den Kinder-Club - nicht zum Kanal von Korinth."