Zakynthos: Neben Trubel und Badefreuden bleibt Zeit für stille Einkehr und alte Tradition.

Folgendes Ereignis hat sich Anfang der siebziger Jahre zugetragen: Im aufgewühlten Mittelmeer gerät ein Schmugglerschiff, bis unter die Luken mit Whisky und Zigaretten beladen, in Seenot. Von einer haushohen Welle wird es auf einen Strand der Insel Zakynthos geworfen. Noch heute liegt es dort im goldgelben Sand, malerisch eingerahmt von den dreihundert Meter hohen Felsen der Steilküste von Anafonitria.

Längst ist das Wrack zur bekanntesten Insel-Attraktion geworden. Ein Dutzend Segelyachten und Ausflugsboote ankert hier täglich im himmelblauen Meer. Jeder Zakynthos-Urlauber will in dem verrosteten Eisengerippe herumklettern und nach Spuren der Katastrophe suchen. Vom wertvollen Schmuggelgut ist freilich nichts erhalten geblieben.

Nicht jeder findet den richtigen Standpunkt für ein Erinnerungsfoto. Zu diesem Zweck sollte man seinen Leihwagen unweit des Klosters Agios Georgios Krimnon stehenlassen und zwischen gelben und lila Blumen zum Klippenrand wandern. Hier bietet sich aus der Vogelperspektive jener Traumblick auf das Schiffswrack, der überall in Griechenland die Postkartenständer ziert.

Nach den Fotos lohnt es sich, zum Kloster zurückzukehren. Eine Oase der Ruhe und des Friedens, slebst Hunde und Katzen leben hier im Klosterhof in scheinbar göttlicher Harmonie. Die Anlage aus dem 16. Jahrhundert besitzt noch heute einen Wehrturm, Mönchszellen und eine barock ausgestattete Kirche. Täglich um 15.30 Uhr öffnet der letzte verbliebene Mönch die Kirchentür, um Besuchern die wertvollen Ikonen im Altarraum zu zeigen. Kuriosität am Rande: Eine der Klosterglocken hängt außerhalb der Mauern in einem knorrigen Olivenbaum.

Orte der Stille und der Einkehr wie diese gibt es viele auf Zakynthos, das südlich von Korfu und Kefallonia im Ionischen Meer liegt (35 000 Einwohner, etwa halb so groß wie Rügen). Fior di Levante, Blume des Ostens, so priesen bereits die Venezianer, drei Jahrhunderte lang die Inselherren, die landschaftliche Schönheit des kleinen Eilands. Der Tourismus-Boom ist auch an Zakynthos nicht spurlos vorüber gezogen. Am Laganas -Strand im Süden geht in der Hauptsaison die Post ab. In der sogenannten "Bar-Straße" reihen sich kilometerweit Hotels, Bars und Tavernen aneinander. Discos, Techno-Musik und Karaoke-Wettbewerbe locken vor allem junge Urlauber nach Laganas. Selbst hier lassen sich aber noch Ruhe-Oasen finden. Wer nach durchtanzter Nacht eine Pause braucht, läßt sich auf das vorgelagerte Felseneiland Sostis hinüberrudern und später wieder abholen.

Bei allen Badefreuden sollte man nicht versäumen, die liebliche Insel auf eigene Faust zu erkunden. Mit Leihwagen oder Motorroller benötigt man etwa einen Tag für die Insel-Rundtour. Still und unbewohnt wirkt etwa der Westen.

Zwischen Hügeln, Zypressen und Pinienwäldern verstecken sich dort verträumte Bauerndörfer. Stichstraßen führen hinunter zur bizarren Felsenküste. Romantiker sollten sich in den Tavernen "Il Tramonto" in Porto Limanos oder "Taverna Cross" in Kambi einen Logenplatz für den Sonnenuntergang sichern.

Am Ortsrand von Keri vermietet Denia Liveri in der Pension "Apelati" preisgünstige Zimmer mit alten Bauernmöbeln. In ihrer Taverne im Erdgeschoß, in der an kühleren Tagen ein alter Bollerofen für Wärme sorgt, verwöhnt sie Gäste mit unverfälschten Insel-Spezialitäten wie Agenaris, mit Reis gefüllte Artischocken. Gern setzt sie sich auch zu den Gästen an den Tisch und plaudert ein wenig auf Deutsch.

Im Norden der Insel lohnt eine Bootsfahrt zur sagenumwobenen "Blauen Grotte" am Kap Skinari. Vor allem morgens schimmert das Wasser in den beiden Felsenhöhlen in allen Blautönen. Landschaftliche Höhepunkte warten auf der Halbinsel Vasilikos. Serpentinen winden sich durch die grünbewachsenen Berge, geben immer wieder einen atemberaubenden Blick auf die Küste frei. Irgendwann endet die Straße direkt am Meer.

Wie ein langgestrecktes U liegt der zauberhafte Gerakas-Strand vor dem Autofahrer. Im Hochsommer buddelt hier die Unechte Karettschildkröte ihre Eier in den warmen Sand. Vom belebten Laganas-Strand wurden die selten gewordenen Meeresreptilien längst vertrieben. Hotel- und Barbesitzer fürchteten Einbußen im Tourismusgeschäft und sperrten sich gegen Schutzmaßnahmen. Eine Ignoranz, die vor wenigen Jahren zu Boykottmaßnahmen bei einigen deutschen Reiseveranstaltern geführt hat. Inzwischen haben sich die Gemüter beruhigt, der Laganas-Strand wird wieder angeboten, und auch bei den Hoteliers scheint sich allmählich die Erkenntnis durchzusetzen, daß eine intakte Natur auch Gäste anlockt.

Zum Bummeln bietet sich die nahe Inselmetropole Zakynthos-Stadt an. Ein Kleinod aus weiten Plätzen, Säulengängen, Marmor-Arkaden und hohen, eckigen Kirchtürmen mit italienischer Anmutung. Die Venezianer haben während ihrer Herrschaft den Baustil entscheidend beeinflußt. Am deutlichsten sichtbar wird dies am Glockenturm der Kirche Agios Dionysios, der auffallend an den Campanile auf dem Markusplatz in Venedig erinnert. Große Teile der Stadt wurden 1953 bei einem verheerenden Erdbeben zerstört. Fotos im Zakynthos-Museum am Solomou-Platz dokumentieren die damaligen Verwüstungen. Nach alten Plänen wurden die historischen Straßenzüge, Plätze und Arkaden originalgetreu rekonstruiert.

Bochali, der Ortsteil rings um die Festung Kastro, bezaubert mit schmalen, stillen Gassen, alten Häusern mit blühenden Gärten und Tavernen, in denen noch die traditionelle Insel-Musik gespielt wird. Vom Festungsplateau hat man einen weiten Panoramablick auf die roten Dächer der Stadt und den kleinen Fährhafen. Abends treffen sich Einheimische und Touristen auf der kleinen Agios-Markou-Platia und genießen in Cafes und Tavernen die lauen Sommernächte.

Der beliebteste Insel-Treff, in den sich nur wenige Urlauber verirren, ist die Taverne "Arekia" an der Dionissiou Roma. Jeden Abend brechend voll, die Luft zum Schneiden. Fünf Männer stimmen zu später Stunde zu den Klängen einer Bouzouki die alten Lieder an, preisen die Schönheit der Insel und die ihrer Frauen.